Das Gedächtnis der Tierbewegungen [Interview mit dem Tierbefreiungsarchiv]

roc: Habt ihr Lust, euch kurz vorzustellen? Wer seid ihr, was macht ihr?

Hallo, wir sind Uli, Tom und Direct Action Bunny vom tierbefreiungsarchiv. Wir sind seit einigen Jahren in der Tierrechts- oder Tierbefreiungsbewegung aktiv und machen seit 2014 Archivarbeit, d. h. wir sammeln und archivieren Materialien der Bewegungen und machen sie für Forschende und Interessierte zugänglich. Nebenbei geben wir auch Vorträge und Workshops.

roc: Wie seid ihr organisiert und wie finanziert ihr euch?

Wir sind als Projekt beim Verein die tierbefreier e.V. angesiedelt, der uns finanziell unterstützt. Ein bisschen Geld bekommen wir aber auch über Spenden. Bei uns gibt es keine*n Chef*in, wir sind also wie ein Kollektiv organisiert und treffen wichtige Entscheidungen gemeinsam im Plenum. Dann gibt‘s da noch eine Art „Dunstkreis“ von Menschen, die wir bei grundlegenden Fragen immer wieder einbinden. Wir versuchen im Allgemeinen die Hierarchien flach zu halten oder aufzulösen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Person, die eine Aufwandsentschädigung bekommt, enthält sich bei Entscheidungen, die diese Gelder betreffen, grundsätzlich.

roc: Immer schön zu hören, dass es da draußen noch mehr Kollektive gibt, cool! Warum ist es eurer Meinung nach wichtig, die Geschichte der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung festzuhalten? Was ist euer Ziel?

Wir glauben, dass das ganze mehrere Ebenen hat. Zum einen leisten staatliche oder kommunale Archive nicht die Arbeit, Materialien verschiedenster sozialer Bewegungen zu sammeln, u. a., weil der Staat wenig Interesse daran hat, die eigene Opposition zu archivieren. Das könnte ja die eigene Erzählung brüchig machen. Daraus resultiert wohl auch eine gesunde Skepsis innerhalb der sozialen Bewegungen, ihre Materialien an staatliche Archive zu geben. Daher ist es die Aufgabe von Aktivist*innen der jeweiligen Bewegungen, die eigenen Materialien und damit die eigene Geschichte zu erhalten. Vor diesem Hintergrund haben wir uns vor einigen Jahren entschieden, diese Aufgabe für die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung zu übernehmen.

„Nutzen wir Inhalte, die anderen sozialen Bewegungen zuwiderlaufen?“

Eine weitere, vielleicht sehr einfach klingende Ebene ist das Verstehen der heutigen Bewegung. Die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegungen sind nicht vom Himmel gefallen, sie haben Vorläufer. Und um zu verstehen, wo wir heute stehen, ist es wichtig die eigenen Traditionen zu kennen. Weiterhin können wir lernen, welche Strategien oder Aktionsformen wirksam waren, jedoch heute weniger wirksam sind, da sich durch die Digitalisierung die Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft verändert haben. Daneben ist auch eine inhaltliche Reflexion des eigenen Standpunktes möglich – wie kommunizieren wir beispielsweise nach außen? Nutzen wir Inhalte oder Themenkomplexe, die anderen sozialen Bewegungen zuwiderlaufen? Nehmen wir zum Beispiel sexistische Kampagnen. Die Kritik an ihnen ist so alt wie die Kampagnen selbst; die Argumente dafür und dagegen scheinen sich jedoch über die Zeit wenig verändert zu haben. Eine historische Spurensuche, Einordnung und Analyse kann an dieser Stelle dazu dienen, Diskussionen innerhalb der Bewegung auf ein anderes Niveau zu heben und nicht ständig in Dauerschleifen zu geraten. Und gerade für junge Aktivistis bietet eine Auseinandersetzung mit der Bewegungsgeschichte die Möglichkeit, zu sehen, wie weit Diskussionen, Strategien, und Aktionsformen bereits in den 1990er Jahren waren und dann neue Wege zu beschreiten, aber auch an Prozesse anzuknüpfen, die kontinuierliche Kämpfe abbilden – siehe die Auseinandersetzung mit LPT in Hamburg. Hier wurden in den 1980er Jahren die ersten Tierbefreiungen in Deutschland durchgeführt und heute finden Großdemonstrationen am selben Ort statt.

„Aktivismus ist eben kein Sprint, sondern ein Marathon […] Und festzustellen, dass wir quasi den Staffelstab weitertragen, erscheint uns als ein Gegenmittel gegen das Gefühl allein zu kämpfen“

Die Auseinandersetzung mit der Geschichte kann aber auch Teil einer Resilienz-Strategie sein. Festzustellen, dass es vor 200 Jahren Vorläufer*innen unserer Ideen gab, kann motivieren langfristig am Ball zu bleiben. Es zeigt sich, dass gesellschaftliche Veränderungen nicht immer schnell funktionieren. Aktivismus ist eben kein Sprint, sondern ein Marathon. Und festzustellen, dass wir quasi den Staffelstab weitertragen, erscheint uns als ein Gegenmittel gegen das Gefühl allein zu kämpfen, sowohl räumlich als auch, wie in unserem Fall, zeitlich.

Ein letzter Punkt, den wir ansprechen möchten, ist die Möglichkeit, durch die Auseinandersetzung mit der Tierrechts-/ Tierbefreiungsgeschichte den großen Erzählungen (Kapitalismus, Domestizierung, Nationen,…), die auf Konkurrenzsystemen, Ausbeutung und Unterdrückung aufbauen, etwas entgegenzusetzen – eine Geschichte bzw. Erzählung von Solidarität und Mitgefühl über Speziesgrenzen hinaus. Das ist wohl auch eines unserer Ziele: ein Teil derjenigen zu sein, die diese solidarische und empathische Geschichte erzählen möchten. Dies ist selbstverständlich eine riesige Aufgabe, aber die Geschichten der Solidarität werden von vielen Aktivist*innen geschrieben, gesungen, gemalt, performt usw. und unsere Aufgabe ist es, diesen verschiedensten Personen Material für ihre Erzählungen bereitzustellen.

roc: “Archiv” klingt ja so ein bisschen nach verstaubten Büchern und drögem Sortieren vergilbter Dokumente. Wie viel hat das Klischee mit eurem Alltag zu tun? Was macht die Arbeit für euch so spannend?

Ehrlich gesagt könnte unser Alltag, bis auf die verstaubten Bücher, so beschrieben werden, jedoch ist selbst das gar nicht so langweilig wie es vielleicht klingen mag. Ältere Dokumente – egal ob Flugblätter, Broschüren, Zeitschriften oder klassische Aktenordner – ermöglichen immer wieder einen Einblick in eine Zeit vor unserem eigenen Aktivismus. Wer hat wann welche Aktionen gemacht, wie hat sich die Gestaltung der Medien verändert, welche Themen waren relevant?

„Unsere Aufgabe könnte beschrieben werden als das Aufrechterhalten des Gedächtnisses der Bewegung.“

Ein weiterer Punkt – und wir glauben, dass dies häufig fehlinterpretiert wird – ist, dass wir mit den Sortier- und Archivierungsaufgaben die eigentliche Grundlage für Forschung schaffen. An und für sich ist es nicht die Aufgabe von Archiven und den Aktiven in diesen Projekten, die Geschichte einer Bewegung zu schreiben; dies ist eher die Aufgabe von Historiker*innen, Aktivist*innen oder Journalist*innen. Unsere Aufgabe könnte beschrieben werden als das Aufrechterhalten des Gedächtnisses der Bewegung. Wir bieten also mehr die Grundlage für andere Arbeiten, auch wenn wir gern selbst recherchieren und Vorträge oder Workshops aus unseren Recherchen entwickeln. Ein Punkt, der natürlich auch zu unserem Alltag gehört, ist Vernetzung. Mittlerweile sind wir bei einigen Veranstaltungen nahezu Inventar, so beispielsweise beim Veganen Wintermarkt in Dresden. Hier dürfen wir dieses Jahr zum fünften Mal in Folge einen inhaltlichen Beitrag beisteuern. Auf den Veranstaltungen sammeln wir beispielsweise Materialien ein – falls also mal wer bei einem Straßenfest alle Stände abgegangen ist und je ein Exemplar von euren Materialien erschnorrt hat, dann könnte das ein*e Aktivist*in von uns gewesen sein. Gern würden wir diesen Vernetzungspunkt auch intensivieren, da wir ja abhängig von der Bewegung sind und es wichtig ist, dass uns die Akteur*innen in der Bewegung kennen. Leider ist das aber auch immer eine finanzielle Frage; momentan können wir es nicht leisten, alle Veranstaltungen zu besuchen oder zu unterstützen, bei denen wir gern wären.

roc: Was ist das älteste Stück in eurem Archiv?

Ein vegetarisches Kochbuch von 1916. Das haben wir mal zufällig auf einem Flohmarkt gefunden.

roc: Und wie seht ihr die aktuelle Entwicklung der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung? Gibt es Dinge, die ihr aufgrund eurer Perspektive kritisieren würdet? Fehler, die wir schon einmal gemacht haben und gerade wiederholen?

Ganz sicher sind wir nicht, ob es uns zusteht, die Entwicklung der Bewegung zu kritisieren; zumindest aus Projektperspektive erscheint dies schwierig. Aber selbstverständlich haben wir persönliche Ansichten, die auch in unsere Arbeit einfließen. Interessant erscheint uns beispielsweise die Entwicklung des Diskurses rund um Veganismus: Unsere Materialien zeigen vor allem für die 1990er Jahre klar, dass Veganismus zu dieser Zeit stark mit emanzipatorischen Ideen verbunden war. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Anfang der 1990er Jahre entstand die „Vegane Offensive Ruhrgebiet“, die sowohl in die linke Szene als auch in die Tierrechtsbewegung wirken wollte. Veganismus war hier Teil eines Kampfes für die Befreiung von Mensch und Tier. In eine ähnliche Richtung ging auch das Magazin „vegan-info“ – hier wurde Veganismus ebenfalls in einen größeren Kontext gestellt.

„Lasst uns aufhören dauernd über Essen zu reden, lasst uns vielmehr über gesellschaftliche, soziale, kulturelle und ökonomische Verhältnisse reden“

Heute hingegen können wir heute in vielen Teilen der Tier- und Vegan-Bewegungen feststellen, dass dieser Anspruch wohl etwas auf der Strecke geblieben ist. Veganismus kann gerade vielmehr als neoliberaler Lifestyle verstanden werden, da steht oft Körperoptimierung und Gesundheitsdiskurs im Vordergrund. Wie schon die Antispeziesistische Aktion Tübingen feststellt, scheint es so, dass die Tierrechtsbewegung in den letzten Jahren ihren Fokus auf die Veganisierung von Individuen gelegt hat und dadurch die gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen außer Acht gelassen wurden. Dies führt unserer Meinung dazu, dass der Veganismus-Begriff aufgeweicht und zu einer Ernährungsform reduziert wird. Daher könnte unsere Kritik lauten: Die Menschen wissen mittlerweile, was Veganismus bedeutet. Lasst uns aufhören dauernd über Essen zu reden, lasst uns vielmehr über gesellschaftliche, soziale, kulturelle und ökonomische Verhältnisse reden, um eine Befreiung von Mensch und Tier zu erreichen. Oder, wie es Menschen von tierbefreiung dresden gut auf den Punkt gebracht haben: Während wir als Bewegung in den 1990er und 2000er Jahren gefordert haben „Werde vegan!“, sollten wir heute fordern „Werde aktiv gegen Ausbeutung und Unterdrückung!“.

roc: Vielleicht gibt es da draußen ja Menschen, die jetzt gerade einen Artikel, ein Buch oder eine wissenschaftliche Arbeit über die Tierrechtsbewegung schreiben. Wie können Interessierte Zugang zu eurem Archiv erhalten?

Das ist recht simpel. Ihr könnt uns per Email an tierbefreiungsarchiv[ätt]riseup.net eine Anfrage schicken. Einen ersten Einblick bietet auch schon unsere Website. Die Einsicht in die Materialien erfolgt dann in der Regel vor Ort im Archiv selbst. Das findet sich wiederum in der sächsischen Kleinstadt Döbeln (das tierbefreiungsarchiv, Bahnhofstraße 56, 04720 Döbeln). Das mag vielleicht einige von einem Besuch abschrecken, jedoch können wir auch einige Vorteile unserer Lage nennen: Zum einen bietet die Lage im ländlichen Raum gute Voraussetzungen für eine ruhige Recherche. Zum anderen haben wir die Möglichkeit Schlafplätze direkt im selben Haus zu vermitteln. Ganz nebenbei ist auch das vegane Essensangebot, trotz Kleinstadtverhältnissen, recht gut. Auch für ein kulturelles Rahmenprogramm ist meist gesorgt, da sich im selben Haus wie das Archiv auch ein soziokultureller Treffpunkt, das Café Courage, befindet. Kommt also gerne vorbei!

roc: Wenn nun Menschen Aktionen oder Demos machen, die aber gar nicht in der Presse vorkommen, ist es mit dem Archivieren ja gar nicht so leicht. Können Menschen euch kontaktieren und von Aktionen berichten?

Gern können Menschen uns ihre Aktionsberichte zukommen lassen. Am besten für uns in geschriebener Form oder als digitales Audiodokument. Zudem kommen die meisten Aktionen oder Demonstrationen nicht ohne Informationsmaterial aus – ein Flugblatt ist nahezu immer am Start. An diesen Materialien sind wir natürlich auch interessiert und es würde unsere Arbeit ungemein erleichtern, wenn sich Gruppen und Vereine dazu entschließen würden, uns regelmäßig (z.B. einmal pro Jahr) je ein Exemplar ihrer Flugblätter, Broschüren oder anderer Materialien zuzusenden.

roc: Ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass ihr gerade eine Crowdfunding-Kampagne gestartet habt. Wofür braucht ihr das Geld und warum sollte mensch euch unterstützen?

Weil das Archiv in den letzten Jahren so stark gewachsen ist, können wir das mittlerweile leider nicht mehr ehrenamtlich betreuen. Bisher hat uns der Verein die tierbefreier e.V eine monatliche Aufwandsentschädigung gezahlt. Aber das Projekt ist ja nicht nur für den Verein, sondern für die gesamte Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung da. Daher war unsere Idee, die finanzielle Last auf viele Schultern zu verteilen. Für die Aufwandsentschädigung fallen insgesamt 9.600 € und für die Raummieten 2.400 € an, um die Archivgutbetreuung für die nächsten zwei Jahre abzusichern. Das Gesamtziel beläuft sich auf 20.000 €. Mit den 8.000 € Differenz möchten wir unter anderem „professionelles“ – sprich säurefreies – Verpackungsmaterial (Mappen und Boxen) für die Materialien erwerben. Auch verschiedenste Arbeitsmaterialien würden dem Archiv gut tun, beispielsweise ein besseres Schneidegerät. [Eine genaue Auflistung der Kostenpunkte ist hier zu finden]. Um die oben beschriebenen Reflexions- und Recherchemöglichkeiten zu gewährleisten, braucht es eben auch Menschen, die sich darum kümmern sowie Räume, in denen die Materialien lagern können und Aufbewahrungsmaterial, das langfristig hält.

„Die einzigen, von denen wir abhängig sein möchten, sind die Bewegungen für Tierrechte und Tierbefreiung.“

Für uns ist es schwer vorstellbar, wie es wäre, wenn wir unsere eigenen Zeitzeugnisse nicht mehr einsehen könnten. Wie viele Geschichten würden vergessen bleiben oder könnten nie erzählt werden? Wie sollte eine über Speziesgrenzen hinweg reichende Solidaritätsgeschichte geschrieben werden, wenn niemand in ein Archiv gehen könnte, das Dokumente zu dieser Geschichte bereithält? Und wer, wenn nicht die Aktivist*innen und Organisationen der eigenen Bewegung, würde momentan Projekte wie Lebenshöfe, Verlage oder unser Archiv unterstützen? Wir wollen nicht auf Fördermittel oder Sponsoring angewiesen sein. Die einzigen, von denen wir abhängig sein möchten, sind die Bewegungen für Tierrechte und Tierbefreiung.

roc: Unsere Solidarität habt ihr. Viel Glück!

Danke, und vielen Dank für die Möglichkeit des Interviews!

Fotos: Tierbefreiungsarchiv, die tierbefreier
Bild unten: Hartmut Kiewert
Interview: Tuki

Dieses Soli-Poster des Tierrechtskünstlers Hartmut Kiewert ist hier erhältlich. Sämtlicher Gewinn geht an das Tierbefreiungsarchiv.

„1000 Kreuze“ gegen sexuelle Selbstbestimmung

Auch in diesem Jahr sind wieder einige fundamentalistische Christ*innen durch Münsters Innenstadt gelaufen, um mit weißen Kreuzen im Arm an abgetriebene Föten zu erinnern. Organisiert wurde die sogenannte Prozession von dem Verein „EuroProLife“, der sich als europäisches Gebetsnetzwerk und europäische „Stimme der ungeborenen Kinder“ versteht. Auf dessen Website heißt es: „In Deutschland sterben täglich annähernd 1000 ungeborene Kinder durch chirurgischen Eingriff oder die frühabtreibende Wirkung von Pille, Spirale etc. Wir vertrauen dieses unsagbare Geschehen unserm Herrn und Schöpfer an.“ Ein weiterer Grund wird in der Präambel zur Zielsetzung des Vereins genannt: „Als einziger Kontinent liegt Europa mit einer Geburtenrate von nur 1,5 weit unter dem für den Selbsterhalt eines Volkes nötigen Mindestwert von 2,1!“. Dass nationalistisches und reaktionäres Gedankengut hier verbreitet ist und Anschluss findet, ist nicht weiter verwunderlich. Während Menschen an den europäischen Grenzen sterben, wird vom „europäischen Volk“ gesprochen, dass durch ungewollte Kinder aufgerüstet werden soll.

Seit seinen Anfängen 2003 wird der Gebetszug der sogenannten Lebensschützer*innen in Münster von Protesten begleitet. In diesem Jahr hat das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung zu einer Demonstration und einer Kundgebung aufgerufen. Im Anschluss folgte eine weitere Demonstration unter dem Motto „Feminismus in die Offensive – Gegen das Patriarchat und seine Fans“.

Die Demonstrant*innen forderten, die Paragraphen 218 und 219a StGB abzuschaffen, die zum einen nur unter bestimmten (erschwerenden) Bedingungen einen Schwangerschaftsabbruch straffrei zulassen, zum anderen das sachliche Informieren über Schwangerschaftsabbrüche verbieten (die Gießener Ärztin Kristina Hänel wurde jüngst zu einer Geldstrafe von 6000 € verurteilt). Zudem wurde die Forderung nach körperlicher und sexueller Selbstbestimmung laut. „Raise your Voice – My Body – My Choice“, tönte es durch die Domstadt.

Darauf, dass Schwangerschaft nicht immer gleichbedeutend mit Frausein ist, machten Aktivist*innen von queerfeMS aufmerksam. „Nicht nur Frauen werden schwanger! Transmänner und nicht-binäre Personen mit Uterus können schwanger werden“, heißt es in ihrem Redebeitrag. Sie treten für eine queere Utopie ein, für eine Welt, in der Menschen freiheitlich leben können, in der das Leben von Schwangeren unter anderem durch den Zugang zu lebenswichtigen Informationen geschützt wird: „Aus Verzweiflung durchgeführte unsachgemäße Abbrüche können Leben kosten. Das Leben von Schwangeren“.
Schwangere, die sich für eine Abtreibung entschieden haben, sind angewiesen auf kompetente Ärzt*innen. Ärzt*innen, die solche Abbrüche durchführen, gibt es allerdings immer weniger. Beispielsweise geht der einzige Gynäkologe, der in Münster auch in diesem Bereich praktiziert, im Sommer diesen Jahres in den Ruhestand.
Der Abbruch einer Schwangerschaft ist eine ethische Entscheidung, die von vielen Faktoren abhängt. Unsere Solidarität gilt allen Schwangeren. Ihr allein dürft über euren Körper bestimmen und solltet jede Unterstützung bekommen, die ihr braucht.

Hier einige Artikel aus unserem Sortiment, die euch interessieren könnten:
Darum Feminismus! – Affront (Hrsg.)
Safer Sex Handbuch
vegane Kondome
trans*revolution – Aufnäher
Sticker: Nationalistische Kackscheiße

Mensch Tier Bildung im Interview

Logo von 'Mensch Tier Bildung' mit einer Kuh, einem Schwein und einem Huhn

Aiyana Rosen promoviert zu Mensch-Tier-Verhältnissen in der Nutztierhaltung am Beispiel der Haltung von Kühen zur Milchproduktion in Deutschland und hat den Bildungsverein „Mensch Tier Bildung“ mitgegründet. Dieser bietet in Schulen und außerschulischen Einrichtungen Workshops zu gegenwärtigen Mensch-Tier-Verhältnissen an. Wir haben sie in Berlin getroffen und ihr einige Fragen zu diesem spannenden Verein gestellt.

Aiyana, du hast ja den Verein „Mensch Tier Bildung“ mit ins Leben gerufen. Wie und wann kam es denn zu der Gründung?

Die Gruppe fand sich vor etwa zwei Jahren zusammen. Ich persönlich hatte gerade darüber nachgedacht, selbst etwas in Richtung Bildungsarbeit zum Thema Mensch-Tier-Verhältnisse bzw. vor allem zur sogenannten Nutztierhaltung auf die Beine zu stellen, aber mir fehlten die Leute, mit denen ich hätte zusammenarbeiten können. Witzigerweise hörte ich dann genau in der Zeit von der sich gerade zusammenfindenden Gruppe, die heute „Mensch Tier Bildung“ heißt.

Das ist ein schöner Zufall. Was ist euer Anliegen?

Unser Anliegen ist es, Aufklärungsarbeit zu leisten. Viele vertreten Positionen zum Thema, ohne sich mit den bestehenden Verhältnissen ernsthaft auseinanderzusetzen. Wir sind der Ansicht, dass sich jeder seine eigene Meinung bilden können muss, aber erst nach Kenntnis der Faktenlage. Wer die Augen verschließt, kann auch keine ernstzunehmende Position vertreten. Auch Kinder und Jugendliche sollten die Möglichkeit bekommen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und nicht einfach die Positionen ihres Umfelds übernehmen. In der Schule kommt eine kritische Beschäftigung mit dem Thema bislang aber leider noch viel zu kurz.

Als erstes haben wir beispielsweise einen Workshop zu Kühen in der Milchproduktion ausgearbeitet. Das fanden wir wichtig, da über Fleisch schon viel gesprochen wird, über Milch aber noch viel zu wenig. Dabei ist das Tierleid bei der Haltung sogenannter Milchkühe kein geringeres. Das ist vielen gar nicht so klar. Das Töten der männlichen Kälber und die Trennung von Kuh und Kalb direkt nach der Geburt sind die Regel. Euterentzündungen bei 30-50% aller Kühe gelten als normal. Viele Kühe haben zudem schwerwiegende Klauenprobleme. Und all dies gilt übrigens genauso für die Biohaltung. Da bestehen keine nennenswerten Unterschiede. Und auch die vermeintlich glückliche Kuh auf der Weide wird in Deutschland immer seltener.

Uns ist es wichtig, ein Bewusstsein für solche Problemlagen zu schaffen. Wegen der Tiere, die unter den Verhältnissen leiden. Und auch wegen der enormen Klima- und Umweltschäden, die mit der industriellen Tierhaltung in Zusammenhang stehen sowie weiterer Problemlagen, die mit dem Konsum von Tierprodukten verbunden sind: Welternährungsproblematik, Abholzung der Regenwälder für Tierfutteranbau usw.

Ja, da besteht eine Menge Aufklärungsbedarf. Was bietet ihr genau an? Wo liegen eure Schwerpunkte?

Wie gesagt, angefangen haben wir mit einem Workshop zur Haltung von Kühen zur Milchproduktion, der sich an ältere Schüler*innen richtet, also so 11.-13. Klasse. Nun bieten wir aber auch einen Projekttag für Jüngere an, der sich mit allen in der Landwirtschaft genutzten Tieren beschäftigt. Der ist für die 5. und 6. Klasse konzipiert. Hier gehen wir spielerischer an das Thema heran, mit Malen, Film, „Puzzle“ und Spielen zum Thema. Ein dritter Workshop richtet sich an außerschulische Jugendeinrichtungen. Auch dieser Workshop ist spielerischer angelegt. Wir kochen mit den Jugendlichen, führen offene Diskussionen durch und veranstalten ein Quiz. Aber schaut einfach mal auf unsere Website (www.mensch-tier-bildung.de), da findet man unser aktuelles Workshopangebot ganz detailliert erklärt.

Guter Tipp! Wer kann euch denn buchen und wie viel kosten eure Workshops?

Wir gehen hauptsächlich an Schulen und wurden meist von den Lehrer*innen eingeladen, aber auch schon mal von Schüler*innen, die am Thema interessiert waren und das in den Unterricht einbringen wollten. Wir waren aber auch in einigen Jugendtreffs, bei FÖJ-Seminaren, auch ein Abenteuerspielplatz hatte Interesse an einem Workshop. Neuerdings bieten wir auch Projekttage im Lebenshof „Land der Tiere“ an. Wir sind also nicht an eine bestimmte Einrichtungsart gebunden, und die Schulform oder der Bildungshintergrund unserer Teilnehmer*innen ist für uns kein ausschließendes Kriterium. Wir arbeiten mit Kindern und Jugendlichen aller Bildungsniveaus zusammen. Anfragen kann bei uns erst mal jede*r…
Und zu den Kosten: Wir arbeiten auf Spendenbasis, das heißt, wir freuen uns, wenn wir etwas bekommen, aber es ist kein Muss. Wir wissen ja auch, das viele Bildungseinrichtungen wenig Geld haben, sodass da auch keine ein schlechtes Gewissen haben muss, wenn sie nichts geben kann.

Wo in Deutschland seid ihr aktiv?

Bislang vor allem im Raum Berlin und Frankfurt am Main. In Zukunft werden wir aber auch im Raum Münster und Hamburg verstärkt Workshops anbieten. Und wenn es von den Kapazitäten her gerade passt, fahren wir auch immer wieder mal weiter.

Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Wir wollen in weiteren Städten Deutschlands Workshopmoderator*innen ausbilden, sodass wir in Zukunft möglichst deutschlandweit Workshops anbieten können. Und wir bauen unser Workshopangebot kontinuierlich aus. Allerdings müssen wir erst einmal die weitere Finanzierung sicherstellen, da ist es kürzlich schwierig geworden. Daher suchen wir nach Förder*innen und freuen uns über Spenden.

Wie kann man denn Workshopmoderator*in bei euch werden? Welche Voraussetzungen muss man erfüllen?

Wir wünschen uns Moderator*innen, die bereits über Erfahrung im Bildungsbereich und fundierte Kenntnisse zur Nutztierhaltung verfügen bzw. sich bereits kritisch mit den Mensch-Tier-Verhältnissen in unserer Gesellschaft auseinandergesetzt haben. Alle zukünftigen Workshopmoderator*innen werden jedoch auch von uns noch mal konkret geschult. Im Herbst werden wir – wenn unsere Finanzierung es zulässt – zu diesem Zweck eine Wochenendfortbildung anbieten, bei der wir neuen Moderator*innen unsere Unterrichtsmaterialien näherbringen. Dafür freuen wir uns natürlich auch noch über weitere Interessierte!

Vielen Dank, Aiyana!

Falls ihr „Mensch Tier Bildung“ an eure Schule, in eure FÖJ-Gruppe, euer Jugendzentrum oder dergleichen holen wollt, schreibt einfach eine Email an: kontakt@mensch-tier-bildung.de

Sachspende an die Antifaschistische Aktion Hamm

Neben den großen Spenden über mehrere hundert Euro, supporten wir auch immer mal wieder gerne unterstützenswerte Aktionen, Einzelpersonen und Gruppen mit Sachspenden. Und so hat z. B. auch die Antifaschistische Aktion Hamm ein kleines Päckchen mit so allerlei schönen Dingen von uns bekommen, die sie am 28.5. im Rahmen einer Soliparty gegen Polizeirepression als Dosenwerfgewinn raushauen werden. Also übt gerne schonmal fleißig daheim eure Zielgenauigkeit und kommt Ende Mai in Münster zur Party.

Beutel, Buttons, Aufkleber, Aufnäher, all dies gibt's bei der Party zu gewinnen

Zu den Hintergründen der Veranstaltung schreibt die Antifa Hamm:
Am Rande von Gegenprotesten zu einer Nazikundgebung kam es im vergangenen Jahr zu massiven Auseinandersetzungen mit der Polizei. Dabei wurde eine*r unserer Genoss*innen festgenommen. Dadurch sind für uns und den Betroffenen schon jetzt enorme Kosten absehbar. Um diese decken zu können, veranstalten wir am 28.05 eine Soliparty in der Baracke Münster. Zum Tanzen bringen werden euch das Dosenbrot Soundsystem, GlitterGewitter und redredred, wodurch von antifa-mitsing-hymnen, punkrock, trashpop und techno für alle was dabei sein sollte. Natürlich wird auch fürs leibliche Wohl mit Getränken und leckerem veganem Essen vom Grill gesorgt. Außerdem wird auch ein Awareness-Team für euch anwesend sein.
Nazis, Rassist*innen, Sexist*innen und andere Idiot*innen werden selbstredend von der Veranstaltung ausgeschlossen.

Love Party – Hate Repression
Antifaschistische Aktion Hamm

Facts:
28.05.16 // 19 Uhr // Baracke Münster
Eintritt gegen Spende
Getränke und Essen zu fairen Preisen

GETRÄNKE:
– Bier
– Pfeffi
– Mate
– Cocktails
– Longdrinks

FUTTER:
– vegane Steakbrötchen vom Grill

Außerdem könnt ihr bei unserem Soli-Special viele Preise gewinnen, die von folgenden Shops gestiftet wurden (vielen Dank dafür!) :
– Disyouth
– Fairdruckt Münster
– Black Mosquito
– Roots of Compassion
– Linke T-Shirts
– Schwarze Socke Mailorder

300 € Spende aus dem Solitopf

roots of compassion spendet 300 € aus dem Erlös der Refugees Welcome Soliartikel.

Als wir beschlossen haben Refugees Welcome-Soli-Artikel ins Sortiment zu nehmen, haben wir nicht vermutet, welche spannenden und in diesem Fall dramatischen Dinge wir in diesem Zusammenhang kennenlernen würden. Eine davon ist die Geschichte eine*r Aktivist*in, die der schlimmen persönlichen Situation eines befreundeten Geflüchteten nicht tatenlos zusehen konnte und dementsprechend gehandelt hat! Wir fanden ihr*sein entschlossenes und mutiges Verhalten mehr als unterstützenswert und haben sie*ihn aus den Mitteln der Soli-Artikel mit 300 € supportet. Die betreffende Person hat ihre Geschichte und ihre Hintergründe aufgeschrieben und wir würden sie gerne mit euch teilen:

Um euch einen Eindruck von dem Geschehen zu vermitteln, welches sich Ende des letzten Jahres zugetragen hat, habe ich den folgenden Text verfasst.

Worum geht es?

Es geht um Fluchthilfe. In einem sehr kurzen Zeitraum wurde ein Geldbetrag organisiert, der dann per „MoneyGram/MoneyTransfer“ in ein anderes Land gesendet wurde.
Dadurch wurde ermöglicht, dass sich mehrere Menschen (darunter auch Kinder) auf die Flucht nach Deutschland begeben konnten.

Wie kam der Kontakt zu Stande?

Es kam dazu, dass aus Sprachtandempartner_innen Freund_innen wurden, sodass wir im Laufe der Zeit auch über private Dinge sprachen. So erfuhr ich beispielsweise, dass besagte Person auf dem Weg nach Deutschland mehrfach und in unterschiedlichen Ländern verhaftet und gefangen genommen wurde.
Außerdem sprach sie von ihren Kindern, welche mit einem Erwachsenen Familienmitglied auf der Flucht waren.

Wie kam es zur Fluchthilfe?

Irgendwann fragte mich meine neue Bekanntschaft, ob es möglich sei einen Bankkredit zu erwerben ohne im Besitz eines deutschen Passes zu sein.
Da sich Teile ihrer Familie, darunter zwei Kinder noch in einem der Flüchtlingslager in der Türkei befanden, war es ihr das wichtigste Anliegen die Angehörigen schnellst möglich zu sich zu holen.
Die Bedingungen in dem türkischen Lager verschlechterten sich u.a. durch das Wetter massiv, sodass sie immer besorgter wurde.
Sie begann nach alternativen Möglichkeiten zu suchen, um den Geldbetrag zusammen zu bekommen.
Ich versuchte meine/n Bekannte/n zu beruhigen, bat um Geduld, um durch die Hilfe von Spenden und Soliaktionen Geld organisieren zu können. Die Unterstützung war zu Anfang recht mau, so wurden vereinzelte Unterstützungen ausgesprochen, auf die teilweise wenig folgte. Die Zeit wurde zu knapp. So dauerte irgendwann sogar der Kreditantrag, welcher zu diesem Zweck von mir beantragt wurde, zu lange.
Verständlicherweise war mein/e Bekannte/r mittlerweile panisch, da die deutsch-europäische „Grenzsicherungspolitik/-polizei“ nach einem Konzept vollkommener Willkür zu agieren schien.
Die bekannte Person lieh sich Geld von einem Freund, welches für die erste Fluchtetappe ausreichte. Ich bat dann ein Familienmitglied, den zweiten Teil des Betrags zur Verfügung zu stellen und „lieh“ mir den dritten benötigten Teil von dem Konto meines Arbeitgebers.
Durch anschließende Unterstützung im Freundes- und Bekannt_innenkreis konnte die finanzielle Situation wieder so ausgeglichen werden, dass sowohl ich als auch mein/e Bekannt/e ohne weitere Schulden aus der Sache rausgegangen sind.

Die Flucht

Es war für uns alle, am aller meisten jedoch für meine/n Bekannte/n unfassbar Nerven aufreibend und seltsam, Geld loszuschicken, damit sich u.a. die minderjährigen Kinder auf ein Schlauchboot setzen konnten, um die Flucht weiter bestreiten zu können.
Sie reisten nach geglückter Bootsfahrt weiter. Zu Fuß, mit Bus und Zug, bis sie endlich in Deutschland ankamen.
Es ist unfassbar, dass es (vor allem für Kinder) keine anderen, legalen und sicheren Fluchtmöglichkeiten gibt. Weil viel Geld von Regierungen ausgegeben wird, um Grenzen zu sichern, müssen Menschen auf der Flucht Gelder organisieren, um sich auf die unfassbar gefährliche Flucht begeben zu können, damit sie eine Chance auf Sicherheit haben.
Die Familie ist nun vereint und physisch unversehrt in Deutschland <3

Danke!

Ich bin unfassbar froh darüber, dass es Menschen gibt, welche durch Soliaktionen und Geldsammeln im Bekannten- und Familienkreis Unterstützung geboten haben, um dies zu ermöglichen. Es ist ein sehr gutes Gefühl zu wissen, dass wir wirksam sein und etwas verändern können, wenn wir uns zusammenschließen.
Danke für euer Interesse

Interview mit Hendrik von Leezenschmiede

roots of compassion spendet 150 € an Leezenschmiede.

Wie angekündigt haben wir 150 € an das Projekt Leezenschmiede aus dem Mitteln der Refugees Welcome-Soli-Artikel gespendet und ein kleines Interview mit Hendrik geführt. Viel Spaß beim Lesen.

Hallo Hendrik, stell doch bitte euer Projekt kurz vor …

Die Leezenschmiede – Fahrräder für Flüchtlinge ist eine Initiative aus Münster, die dazu aufruft, gebrauchte Fahrräder und Fahrradteile zu spenden und diese gemeinsam mit Geflüchteten zu reparieren, um am Ende nicht nur ein verkehrstüchtiges Fahrrad zu erhalten, sondern auch einen einfachen Austausch zwischen Münsteraner*innen und in Münster ankommenden Geflüchteten zu ermöglichen. Die Leezenschmiede ist also mehr als eine Fahrradwerkstatt – sie ist ein Treffpunkt, ein Ort der Kommunikation und Integration.

Wie seid ihr auf diese Idee gekommen?

51 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Auch in Münster kommen jede Woche Menschen auf der Suche nach Frieden, Sicherheit und einem neuen Leben an. Wichtige Voraussetzungen für diesen neuen Start und eine erfolgreiche Integration sind Mobilität, Unabhängigkeit und das Gefühl der Zugehörigkeit. Die neue Heimat erkunden kann nur, wer Zugang zu einem Verkehrsmittel hat. Erst recht, wenn der neue Wohnort in einem der zahlreichen Vororte der Stadt liegt und eine Busfahrt schon einen Großteil des Tagesbudgets einnimmt. Die Idee zur Gründung dieser Initiative entstand im Winter 2014 als Teil meiner Bachelorarbeit im Bereich Kommunikationsdesign. Mit der Leezenschmiede sollte ein kleines und vor allem lokales Projekt entstehen, das die Situation geflüchteter Menschen in Münster ein kleines bisschen verbessert und zu einer besseren Kommunikation zwischen Menschen beiträgt, die im Alltag leider kaum Berührungspunkte besitzen.

Wie möchtet ihr euch zukünftig entwickeln?

Zur Zeit versuchen wir monatliche Treffen zu organisieren, in denen wir gemeinsam jeweils 5 – 8 Fahrräder reparieren. Unser Team besteht aus sechs Personen – somit sind wir, was die Anzahl der Räder und geflüchteter Personen angeht, ziemlich ausgelastet und, falls das Projekt wachsen soll, auf helfende Hände angewiesen. Gebrauchte Räder sammeln wir immer in den Wochen vor dem nächsten Treffen, um den Zustand des Rades einschätzen und Ersatzteile organisieren zu können. Generell freuen wir uns über neue Leute, die Interesse daran haben, das Projekt aktiv mitzugestalten. Bei Interesse kann sich per Mail bei uns gemeldet werden: leezenschmiede@gmail.com

Interview und Soli-Shop: Hard To Port

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Eigentlich hatten wir vor, Ende März eine der Soli-Aktionen zugunsten der noch recht jungen Organisation Hard To Port zu machen, die sich gegen Walfang in Island einsetzt. Recht schnell entwickelte sich das ganze dann aber in eine Richtung, die wir vorher nicht geahnt hätten (ihr erkennt es schon an der Überschrift) – zumindest für diesen Sommer bzw. solange sie keinen eigenen Onlineshop haben, bekommt ihr nun bei uns die T-Shirts von Hard To Port. Wow! Wir freuen uns sehr über die Anfrage und denken, dass das sehr gut zusammenpasst. Für jedes verkaufte Hard-To-Port-T-Shirt spenden wir künftig unglaubliche 7,50 € an Hard To Port!
Natürlich wollen wir euch dennoch – oder gerade deswegen – die Organisation einmal näher vorstellen. Dafür haben wir ein Interview mit Arne, einem der Mitgründer der Organisation, gesprochen:

Was ist Hard To Port, und magst du erzählen, wie es zur Gründung kam?

Die Anfänge von Hard To Port

Hard To Port existiert seit dem Sommer 2014 und versteht sich als eine Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, den kommerziellen Walfang in Island zu beenden. Entstanden ist unsere Initiative aus einer Protestaktion gegen die Jagd auf Finnwale, eine Spezies die auf einer internationalen Liste für bedrohte Arten steht. Während sich im Hafen der isländischen Hauptstadt Reykjavik jedes Jahr Tausende von Touristen einfinden, um mit den lokalen Whale Watching Anbietern aufs Meer zu fahren, um Wale und Delfine in ihrem natürlichen Lebensraum zu bewundern, werden zeitgleich nur wenige Meter entfernt Schiffe in Stand gesetzt, die zur Jagd auf die Meeressäuger eingesetzt werden. Ein wirklich sehr bizarrer und verstörender Anblick.

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Walfänger (Bild: Hard To Port)

Unsere beiden Gründungsmitglieder entschlossen sich während ihres Island-Aufenthalts im Frühsommer 2014 dazu, gegen die bevorstehende Jagdsaison zu protestieren. Einer unserer Aktivist_Innen besetzte in den frühen Morgenstunden den Mast eines der Walfangschiffe und verharrte dort für 15 Stunden. Mit Hilfe seines SmartPhones informierte er zahlreiche nationale und internationale Medien über unseren Protest. Wenn es eine Sache gibt, die die Walfangindustrie gar nicht mag, dann ist es Aufmerksamkeit.
Unsere Aktion verhinderte das Auslaufen der Walfangflotte nicht, aber es brachte die Diskussion über die Weiterführung des kommerziellen Walfangs in Island in die Medien und somit zurück in die Köpfe der Menschen. Die Aktion war ebenfalls die Geburtsstunde von Hard To Port und der Beginn unseres organisierten Engagements für den Schutz der Wale in Island.

„Whaler Watching“ 2015: Was habt ihr letztes Jahr gemacht und wie waren die medialen Reaktionen auf die Kampagne?

Trailer zur Hard To Port Doku

Unsere erste Kampagne in Island verlief dank des tollen und sehr engagierten vierköpfigen Teams sehr erfolgreich. Unser Konzept, dem wir den Namen „Whaler Watching“ gegeben haben, zielt darauf ab, die brutale Jagdpraxis aufzudecken, zu dokumentieren und unsere Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um so eine kritische Debatte in Island über das Thema anzustoßen. Die isländische Walfangindustrie ist wie viele andere Industrien, die sich an der Ausbeutung von Tieren bereichern, sehr intransparent und entzieht sich somit einer kritischen Beurteilung durch die Bevölkerung. Viele Informationen über den Walfang, die öffentlich verfügbar sind, stammen von den beteiligten Unternehmen. Die isländische Regierung greift diese Daten ungeprüft auf und publiziert sie. Unserer Meinung nach entsteht so in der Öffentlichkeit ein sehr verfälschtes Bild des kommerziellen Walfangs.

Whaler Watcher beobachtet Walfänger mit Kamera und Drohne
Whaler Watchers in Aktion
(Bild: Boris Niehaus, Creative Commons BY-NC-ND)

Mit einem Team bestehend aus Aktivist_Innen, einer Tierärztin und Journalistin, einem Fotografen und einem Dokumentarfilmemacher machten wir uns im Sommer 2015 auf den Weg zu einer zweiwöchigen Kampagne in Island. Uns war es wichtig dem bestehenden Informationsmonopol der Walfänger entgegenzuwirken und die Menschen über die grausame Realität der Jagd auf Wale zu informieren. Während der zwei Wochen konnten wir nicht nur sehr informative Gespräche mit Einheimischen führen, sondern eben auch Teile der Walfangaktivitäten dokumentieren. Vor allem der Einsatz von kamerabestückten Drohnen zur Dokumentation aus der Luft und Apps zur Ortung der Walfangschiffe regte das Interesse der nationalen und internationalen Medien, die überwiegend positiv über unsere Arbeit in Island berichteten.

Euer Team besteht ja bislang ausschließlich aus Leuten aus Deutschland – es ist aber sicher immer einfacher, wenn man bei einer Kampagne die Bevölkerung auf seiner Seite hat. Wie ist der Rückhalt für eure Arbeit in Island – einem Land, dessen Reichtum zu großen Teilen auf Fischfang basiert – aber mittlerweile auch auf Tourismus?

Engagement von ausländischen Organisationen und Gruppierungen muss in der Tat sehr gut durchdacht sein. Viele Menschen in Island sind in ihrer Einstellung zum kommerziellen Walfangprogramm unentschlossen, sehen aber ein „Eingreifen“ aus dem Ausland tendenziell eher kritisch. Nach reichlicher Recherche und Überlegung glaubten wir mit unserer „Whaler Watching“ Kampagne einen Ansatz gefunden zu haben, der es uns erlaubt, effektiv auf ein Ende des kommerziellen Walfangs hinzuarbeiten, dabei aber die Gemüter nicht gegen uns aufzubringen. Einige der Leute und Unternehmen in Island, mit denen wir in Kontakt standen, haben unseren Ansatz durchaus befürwortet, vor allem da sie selber denken, dass viele Menschen in Island nicht ausreichend über die umstrittene Jagd auf Wale informiert sind. Wir vom Hard To Port e.V. versuchen mit unserer Arbeit diese Lücke zu füllen und die Menschen von der Notwendigkeit einer Abkehr vom kommerziellen Walfang zu überzeugen.
Selbstverständlich würden wir es begrüßen, wenn sich vermehrt Einheimische für unsere Initiative interessierten und sich aktiv an unserer Kampagne beteiligen würden. Erste Kontakte konnten wir während und seit unserer ersten Kampagne im letzten Sommer knüpfen, und wir hoffen, dass wir gemeinsam mit Aktivist_Innen und kritischen Bürger_Innen der einheimischen Bevölkerung verstärkt unsere Arbeit im Sommer fortsetzen werden.

Wie reagieren Tourist*innen auf eure Kampagne? Whale Watching ist ja meist fester Bestandteil eines Islandaufenthaltes – andererseits konnte ich letztes Jahr in Island feststellen, dass viele es gar nicht erwarten konnten, Zwergwal in einem der vielen Restaurants zu essen, die Walfleisch auf der Speisekarte haben. Quasi eines der Dinge, die man in Island getan haben muss …

Zwergwal auf der Menükarte
Menükarte eines isländischen Restaurants
(Bild: Boris Niehaus, Creative Commons BY-NC-ND)

Im vergangenen Sommer haben wir überwiegend mit Einheimischen über unser Anliegen gesprochen und sie nach ihrer Einstellung zum Walfang befragt. Isländer_Innen selber essen kaum Walfleisch. Lediglich 3 % der Isländer_Innen konsumieren regelmässig das Fleisch von Zwergwalen. Eine so geringe Nachfrage wäre nicht lukrativ genug, um diese „Industrie“ am Leben zu erhalten. Die treibende Kraft sind leider die vielen Tourist_Innen, die in den Restaurants das Fleisch der Tiere bestellen. Hier gibt es bereits eine sehr engagierte Kampagne einer anderen NGO, die sich gezielt an Besucher_Innen des Landes wendet. Auch wir vom Hard To Port e. V. werden diesen Ansatz aufgreifen und unsere Arbeit in diesem Bereich intensivieren.

Whalewatching auf Island - jede Menge Tourist*innen auf kleinen Schiffen
Whale Watching
(Bild: Boris Niehaus, Creative Commons BY-NC-ND)

Wie ist euer Verhältnis zu Whale Watching Anbietern? Geht ihr Engagement gegen Walfang über ein lediglich kommerzielles Interesse hinaus? Viele bieten ja neben Walfang auch gerne Hochseefischen an, was an ihrer Tierliebe durchaus Zweifel aufkommen lässt.

Whale Watching gilt in Island oftmals als ökonomische Alternative zum Walfang. Grundlegend spricht für uns nichts gegen eine respektvolle Begegnung zwischen Mensch und Tier, die in ihrem natürlichen Lebensraum stattfindet, aber pauschal möchten wir die Whale Watching Branche auch nicht befürworten. Walbeobachtungen können die Tiere nicht nur stressen, sondern leider existieren auch Berichte über Kollisionen zwischen Touristenbooten und den Tieren. Das Whale Watching Unternehmen, mit dem wir gesprochen haben arbeitet sehr verantwortungsvoll und ist ein hilfsbereiter Verbündeter im Kampf gegen den kommerziellen Walfang. Wir können und möchten über die Tierliebe und Motivation des Engagements einzelner Mitarbeiter_Innen gegen den Walfang nicht spekulieren. Einige unser Interviewpartner_Innen haben sich vor der Kamera sehr emotional zu dem Thema geäußert – ob sich ihre Faszination und Liebe zu Walen auch auf andere Spezien übertragen lässt, vermögen wir nicht zu sagen.

Wie kann Island eigentlich Mitglied in der Internationalen Walfangkommission IWC sein, die 1986 ein Walfang-Moratorium verkündet hat, und gleichzeitig kommerziellen Walfang betreiben?

Finnwal vor der Zerlegung an Land
Getöteter Finnwal an Land (Bild: Hard To Port)

Nicht nur Island, sondern auch andere Walfangnationen wie Norwegen und Japan sind Mitglieder der Internationalen Walfangkommission. Norwegen und Japan haben dem Walfang-Moratorium von 1982 widersprochen und akzeptieren den Beschluss bis heute nicht oder umgehen ihn mit einer zweifelhaften wissenschaftlichen Begründung ihrer Jagd. Island widersprach dem Moratorium nicht, trat aber wenige Jahre nach dem in Kraft treten aus der Internationalen Walfangkommission aus. Anfang der Jahrtausendwende bemühte sich Island um einen Wiedereintritt und äußerte seinen Vorbehalt zum geltenden Walfangmoratorium. 2003 startete Island unter dem Deckmental der Wissenschaft ein Walfangprogramm. Drei Jahre später verkündete die isländische Regierung die Rückkehr zur kommerziellen Jagd auf die Meeressäuger.

Dieses Jahr soll es in Island keine Jagd auf Finnwale, aber weiterhin auf Zwergwale, geben. Wie deutet ihr diese Entscheidung? Und welche Auswirkungen hat das auf eure Kampagne in 2016?

Zerlegen eines Finnwals in Island.

Die Nachricht der vorläufig gestoppten Jagd auf Finnwale hat uns zugegebenermaßen sehr überrascht. Ihr könnt Euch aber vielleicht vorstellen, wie sehr wir uns gefreut haben, nachdem wir uns in den letzten 2 Jahren sehr engagiert dafür eingesetzt haben. Die Jagd auf Finnwale stand seit Jahren in der Kritik, und viele NGOs haben auf unterschiedliche Art und Weise auf dieses Ziel hingearbeitet. Unabhängig davon, was offiziell als Grund für die vorläufige Einstellung der Jagd genannt wurde, ist dieses Ergebnis ein enormer Erfolg für die gesamte Tierrechts- und Meeresschutzbewegung.
Hard To Port wird seine Arbeit in Island natürlich fortsetzen, solange Wale für kommerzielle Zwecke getötet werden. Unsere Arbeit wird sich bis auf weiteres auf die Zwergwaljagd konzentrieren, d. h. wir werden neben unserer Dokumentationsarbeit auch vermehrt an einem Outreachkonzept arbeiten, mit dem wir uns an die zahlreichen Tourist_Innen des Landes wenden, die (Zwerg)Walfleisch während ihres Aufenthalts konsumieren.

Warum engagiert ihr euch eigentlich für Wale – ein Thema, das ja schon viel von großen Organisationen beackert wird -, während gleichzeitig unglaubliche Mengen anderer mariner Lebewesen weltweit und weitgehend unwidersprochen ihr Leben lassen müssen?

Der kommerzielle Walfang ist zweifelsohne eine sehr dunkle Epoche der jüngeren Geschichte. Wenn man sich einmal etwas intensiver mit dem Thema beschäftigt und realisiert, wie exzessiv und grausam Millionen dieser Tiere getötet wurden und ihre Populationen binnen weniger Jahrzehnte an den Rand des Aussterbens getrieben wurden, dann kann man einen Fortbestand dieser Industrie nicht einfach tolerieren. Wir haben in unserem Ansatz eine echte Chance gesehen, konstruktiv und effektiv auf die Beendigung des kommerziellen Walfangs hinzuwirken.

Ja, verständlich – aber was ist mit den vielen anderen Meereslebewesen, die zeitgleich an den Rand des Aussterbens oder darüber hinaus gebracht werden? Und selbst wenn sie nicht vom Aussterben bedroht sind, reden wir hier ja auch von unvorstellbaren Mengen von Individuen, die auf See getötet werden.

Wir vom Hard To Port e. V. lehnen jegliche Form der Ausbeutung und Tötung von Tieren ab, egal um welche Spezies es sich dabei handelt. Ein Ende des kommerziellen Walfangs in den kommenden 2-3 Jahren in Island zu erwirken, erschien uns als ein realistisches Ziel, zumal wir mit unserem Ansatz eine, unserer Meinung nach, vielversprechende Strategie ausgearbeitet hatten, die wir mit einem überschaubaren Budget in die Tat umsetzen konnten.
Natürlich hat uns unser Engagement in anderen Organisationen in der Vergangenheit für das Thema „kommerzieller Walfang“ sensibilisiert. Wenn man miterlebt wie ein (Zwerg)Wal vor den eigenen Augen am Ende einer Harpune qualvoll um sein Leben kämpft, dann ist das ein Moment der sich fest im Gedächtnis einbrennt und der einen so schnell nicht mehr loslässt.
Zweifelsohne ist es wichtig auch andere Themen anzusprechen und sich für die vielen anderen (Meeres)Lebewesen die vom Menschen ausbeutet werden zu engagieren. Sollte unser Verein in naher Zukunft über weitere finanzielle Mittel verfügen, werden wir darüber nachdenken in welchem Bereich und mit welcher Kampagne wir unsere Arbeit ausbauen können.

Viele Menschen, denen Wale am Herzen liegen, unterstützen vermutlich schon Organisationen wie Greenpeace und Sea Shepherd. Einige von euch waren ja auch schon für Sea Shepherd aktiv. Warum braucht es dennoch Hard to Port – und was unterscheidet euch von diesen Organisationen?

Port of Hvaljördur, Iceland 30th of June 2015. First whale of the season hunted by the islandic whaler-industry. Activists of the anti-whaling-ngo "HARD TO PORT" tried to raise attention by lighting smoke-signals and to climb the dead whale. The fin whale is officially an endangered animal.
Hafen von Hvaljörþur, Aktion von Hard To Port
(Bild: Boris Niehaus, Creative Commons BY-NC-ND)

Unsere Arbeit wäre unter dem Namen einer anderen, bestehenden Organisation so vermutlich nicht realisierbar gewesen.
Wir versuchen bei Hard To Port einen Rahmen für unseren (Tierrechts)Aktivismus zu schaffen, der sich mit unserer politischen Einstellung und unserem Privatleben vereinbaren lässt. Bislang klappt das auch ganz gut. Wir sehen unsere Initiative als Teil einer Grassroots-Bewegung die unserer Ansicht nach von einer Vielfalt von Ansätzen und Gruppierungen profitiert und gestärkt wird. In vielen Fällen befürworten wir die Arbeit und Kampagnen anderer Organisationen. Es ist aber auch kein großes Geheimnis und legitim anzumerken, dass es oftmals einige inhaltliche Differenzen gibt, sei es bei politischen Standpunkten oder der Art zu kommunizieren, um zwei Beispiele zu nennen.

Das können wir verdammt gut verstehen … Vielen Dank für das Interview!

Artikel im Morgunblaþiþ anlässlich der Aktion von 'Hard to Port'
Artikel im Morgunblaþiþ
(Bild: Boris Niehaus, Creative Commons BY-NC-ND)

Wie könnt ihr denn nun Hard To Port unterstützen? Zum einen natürlich, indem ihr eines der super-super-schicken T-Shirts kauft. Zum anderen findet ihr auf der Website von Hard To Port einige Hinweise, was für Unterstützung sie brauchen können: Geldspenden, Equipment, personeller Einsatz, Unterstützung vor Ort – und natürlich: Verbreiten, verbreiten, verbreiten.

Wenn ihr es bis hierhin geschafft habt – das könnte euch vielleicht auch interessieren:

  • Blackfish DVD – eine Dokumentation über den Orca Tilikum und über die Lebensbedingungen der Tiere in Gefangenschaft.
  • Moby Dick T-Shirt – Moby Dick versus Ahab! Die Rache kommt aus der Tiefe der See …
  • Öko Krieger – Geschichten über Öko-Aktivist*innen aus der ganzen Welt
  • The Ghosts in our Machine DVD – eine Dokumentation über das Leiden der Tiere weltweit – aber auch über gerettete Tiere, die der Maschinerie entgehen konnten
  • We Animals – Bildband mit Fotografien von Jo-Ann McArthur, die auch in dem Film „The Ghosts in our Machine“ portraitiert wird

Neujahr im „Jungle“ von Calais

Ich hoffe, ihr seid alle gut ins Neue Jahr gekommen. Ich habe Silvester in einem Refugee-Camp im Norden von Calais (Frankreich) verbracht und mag meine Eindrücke mit euch teilen. Zusammen mit zwei Freund*innen habe ich mich am 28.12. auf den Weg gemacht. Da wir nur eine Woche zur Verfügung hatten, haben wir uns, statt in den Balkan oder nach Griechenland zu reisen, entschieden dorthin zu fahren, uns einen Eindruck von der momentanen Situation zu verschaffen und die Menschen vor Ort zu unterstützen, wo es uns möglich war.

Der „Jungle“ ist eine bedrückende aber auch beeindruckende kleine „Stadt“ aus Zelten und Hütten, mit kleinen Restaurants, einer Kirche, einer Moschee, einem Theater, einer Schule – alles aus Zelten, Paletten, Planen und Decken gebaut – und Matsch und Müllbergen, stinkenden Dixi-Toiletten und Kälte (besonders in der Nacht). In ihr (über-)leben zur Zeit ca. 6.000 – 7.000 Menschen mit der Hoffnung und Hoffnungslosigkeit irgendwie nach England zu kommen. Dies auf legalem Weg zu tun, wird ihnen untersagt, weshalb sie oft lebensgefährliche Risiken auf sich nehmen müssen (24 Todesfälle wurden allein in 2015 dokumentiert).

Jeden Tag kommen neue Menschen an, werden von ehrenamtlichen Helfer*innen fürs Erste mit Zelten und Decken versorgt, damit sie nicht unter freiem Himmel schlafen müssen – eine sehr prekäre Situation. Wer würde freiwillig im Winter ausgestattet mit einer Decke zelten gehen – und das auf unbestimmte Zeit?

Als wir aus dem Auto steigen, fragt mich ein Mann in Flip-Flops, ob ich mit ihm die Schuhe tauschen würde. Nein, ich habe keine anderen dabei, aber an Schuhen mangelt es, wie an so vielem anderen.

Einige Kilometer vom Camp entfernt steht ein „Warehouse“, in dem ankommende Sachspenden sortiert und deren Verteilung organisiert werden. Hier arbeiten sehr viele Freiwillige. Lieferwagen fahren von dort aus täglich in den „Jungle“. Falls ihr auch nach Calais fahren wollt, könnte u. a. das Warehouse eine Anlaufstelle für euch sein. Es liegt in der Rue Clement 56 in Calais.

Wir haben in einem Projekt direkt im Camp mitgeholfen. Nahe am Eingang entsteht basierend auf der Idee Zimako Jones‘, der konstant vor Ort ist und versucht alle Freiwilligen zu delegieren und Material anzuschaffen, eine Schule (die „Ecole Laïque du Chemin de Dunes“), eine Art Krankenhaus, Schlafräume für Lehrer*innen und Krankenpfleger*innen und ein Gemeinschaftsraum. Als wir ankamen, standen die „Häuser“ schon. Wir haben Böden mit Paletten ausgelegt, Wände im Innenbereich mit Decken isoliert, Müll eingesammelt, aber auch einige Migranten (tatsächlich nur Männer) kennen gelernt. Wir wurden zum Essen eingeladen, haben in provisorischen Hütten mit ihnen Tee getrunken, gelacht und fast vergessen wie beklemmend ihre Situation ist. Bis einer meinte, er wolle zu einem Schiff schwimmen. Er sei ein guter Schwimmer und könne es schaffen. Bei der Vorstellung wurde mir schlecht. Das „Camp“ ist kein Zuhause, keine*r will hier bleiben, alle möchten weiter. Diesen Ort dürfte es eigentlich gar nicht geben. Unsere Reise hat mich wieder einmal deutlich meine Privilegien spüren lassen. Ich weiß, dass ich einfach fahren kann, wenn es mir zu kräftezehrend wird, ich habe ein Zuhause und meine Freund*innen und meine Familie leben in Reichweite. Den Menschen in Calais müssen – auch innerhalb Europas – ihr Leben riskieren, um sich wenigstens eine neue Basis schaffen zu können.

Ich möchte mit den Worten einer Unterstützer*innen-Website schließen:

We believe in freedom of movement is for everybody and not just the rich and white. Everybody should be able to move to wherever they want, whenever they want and for whatever reason they want. The horror of the current situation is that those with the most important reasons to move are also the ones most restricted and criminalised for doing so.

^Deni

https://calaismigrantsolidarity.wordpress.com/
http://calaismigrantsolidarity.blogsport.de/
https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=zddfRUtGScOc.kQBgTQcoV5FM&hl=en_US

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