Auch in diesem Jahr sind wieder einige fundamentalistische Christ*innen durch Münsters Innenstadt gelaufen, um mit weißen Kreuzen im Arm an abgetriebene Föten zu erinnern. Organisiert wurde die sogenannte Prozession von dem Verein „EuroProLife“, der sich als europäisches Gebetsnetzwerk und europäische „Stimme der ungeborenen Kinder“ versteht. Auf dessen Website heißt es: „In Deutschland sterben täglich annähernd 1000 ungeborene Kinder durch chirurgischen Eingriff oder die frühabtreibende Wirkung von Pille, Spirale etc. Wir vertrauen dieses unsagbare Geschehen unserm Herrn und Schöpfer an.“ Ein weiterer Grund wird in der Präambel zur Zielsetzung des Vereins genannt: „Als einziger Kontinent liegt Europa mit einer Geburtenrate von nur 1,5 weit unter dem für den Selbsterhalt eines Volkes nötigen Mindestwert von 2,1!“. Dass nationalistisches und reaktionäres Gedankengut hier verbreitet ist und Anschluss findet, ist nicht weiter verwunderlich. Während Menschen an den europäischen Grenzen sterben, wird vom „europäischen Volk“ gesprochen, dass durch ungewollte Kinder aufgerüstet werden soll.
Seit seinen Anfängen 2003 wird der Gebetszug der sogenannten Lebensschützer*innen in Münster von Protesten begleitet. In diesem Jahr hat das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung zu einer Demonstration und einer Kundgebung aufgerufen. Im Anschluss folgte eine weitere Demonstration unter dem Motto „Feminismus in die Offensive – Gegen das Patriarchat und seine Fans“.
Die Demonstrant*innen forderten, die Paragraphen 218 und 219a StGB abzuschaffen, die zum einen nur unter bestimmten (erschwerenden) Bedingungen einen Schwangerschaftsabbruch straffrei zulassen, zum anderen das sachliche Informieren über Schwangerschaftsabbrüche verbieten (die Gießener Ärztin Kristina Hänel wurde jüngst zu einer Geldstrafe von 6000 € verurteilt). Zudem wurde die Forderung nach körperlicher und sexueller Selbstbestimmung laut. „Raise your Voice – My Body – My Choice“, tönte es durch die Domstadt.
Darauf, dass Schwangerschaft nicht immer gleichbedeutend mit Frausein ist, machten Aktivist*innen von queerfeMS aufmerksam. „Nicht nur Frauen werden schwanger! Transmänner und nicht-binäre Personen mit Uterus können schwanger werden“, heißt es in ihrem Redebeitrag. Sie treten für eine queere Utopie ein, für eine Welt, in der Menschen freiheitlich leben können, in der das Leben von Schwangeren unter anderem durch den Zugang zu lebenswichtigen Informationen geschützt wird: „Aus Verzweiflung durchgeführte unsachgemäße Abbrüche können Leben kosten. Das Leben von Schwangeren“.
Schwangere, die sich für eine Abtreibung entschieden haben, sind angewiesen auf kompetente Ärzt*innen. Ärzt*innen, die solche Abbrüche durchführen, gibt es allerdings immer weniger. Beispielsweise geht der einzige Gynäkologe, der in Münster auch in diesem Bereich praktiziert, im Sommer diesen Jahres in den Ruhestand.
Der Abbruch einer Schwangerschaft ist eine ethische Entscheidung, die von vielen Faktoren abhängt. Unsere Solidarität gilt allen Schwangeren. Ihr allein dürft über euren Körper bestimmen und solltet jede Unterstützung bekommen, die ihr braucht.
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