die tierbefreier e. V. – Rabattaktion und Interview

Zuerst die schlechte Nachricht: Leider musste unsere Rabattaktion letzten Monat ausfallen, da unsere Interviewpartner*innen sich plötzlich nicht mehr gemeldet haben. Schade! Jetzt aber die gute: Diesen Monat sind wir wieder dabei und freuen uns, die tierbefreier mit einer kleinen Aktion zu unterstützen – und euch in diesem Interview mal die Arbeiter*innen der tierbefreier vorzustellen.
Zur Rabattaktion: Bis Ende des Monats könnt ihr bei eurer Bestellung durch die Eingabe eines Rabattcodes, den ihr in der aktuellen Ausgabe der TIERBEFREIUNG findet, 10 % beim Kauf jedes Shirts sparen. Außerdem spenden wir 10 % eures gesamten Bestellwertes an die tierbefreier (EDIT 15.4.: Wenn ihr den Code verwenden wollt aber keine Shirts bestellt, bestellt einfach ein kostenloses Produkt mit. dann funzt der Code auch …).
Die 3 Euros für die Anschaffung des Magazins lohnen sich so oder so, und vielleicht wollt ihr sie dann ja auch direkt abonnieren …

roots of compassion: Hi Andre! Vielen Dank, dass du bereit bist, dieses Interview für unseren Blog zu führen.
Zwischen roots of compassion und den tierbefreiern gibt es ja schon ziemlich lang Kontakte – aber was darf ich mir als unbedarfter Mensch unter die tierbefreier e. V. vorstellen?

Andre Gamerschlag: die tierbefreier wurden 1985 unter dem Namen „Bundesverband der Tierbefreier Deutschland“ als erste Tierrechtsorganisation im deutschsprachigen Raum gegründet. 1981 kam durch die erste dokumentierte Tierbefreiungsaktion der „Autonome Tierschutz“ auf, der Aktionen durchführte, die heute eher mit dem Label „Animal Liberation Front“ verbunden werden. Der Bundesverband war eine Solidaritäts-Organisation für anonym agierende Zellen, die Tiere befreien oder Sabotageaktionen gegen die Tierausbeutungsindustrie durchführen. Zum einen organisieren wir seither Rechtshilfe für von Repression und Strafverfolgung betroffene Aktive. Zum anderen solidarisieren wir uns offen mit solchen Aktionen, wandeln eingehende Bekenner_innenschreiben in Pressemitteilungen um, dokumentieren sie auf unserer Sonderseite animalliberationfront.de und stehen der Presse für Interviews über die Beweggründe zur Verfügung. Im Verlauf der Jahrzehnte wurde die Arbeit aber ausgedehnt. Die Organisation von Protesten und Aktionen des Zivilen Ungehorsams stand quasi von Beginn an mit auf dem Programm.

Preotestaktion bei Peek und Cloppenburg gegen Pelzverkauf

Wir bieten auch legal arbeitenden Tierrechtsaktiven Rechtshilfe an, unterstützen derzeit 16 Ortsgruppen, aber auch vereinsexterne Projekte der Tierrechts-/Tierbefreiungsbewegung wie Kongresse, Lebenshöfe und Kampagnen. Wir geben das inzwischen leider einzige Magazin der Graswurzelbewegung, die TIERBEFREIUNG, sowie Infomaterial und eine Schriftenreihe heraus. Und wir versuchen im aktuellen Vegan-Hype das Tierrechtsargument hoch zu halten und Lifestyle-Veganer_innen für die Bewegung zu begeistern.

Welchen Anteil haben die einzelnen verschiedenen Aktivitäten derzeit bei euch – worin steckt ihr also die meiste Energie?

Das ist schwer zu beantworten. Zumal zwischen Verein und den relativ autonomen Ortsgruppen unterschieden werden muss. Wir renovieren seit über zwei Jahren den Verein: neues Corporate Design, neue Flyerserie, mehr Unterstützungsleistungen für Ortsgruppen, ausgedehntere Rechtshilfe, neue Kollektion für den tierbefreiershop.de, bessere Strukturen und Vernetzung etc.

Bild einer Schlachthofblockade

Dieses Jahr soll der Relaunch der Vereinsseite tierbefreier.de, der Magazinseite tierbefreiung.de mit umfangreichen Artikel-Archiv und der Direct Action Soli-Seite animalliberationfront.de erfolgen. Hinzu kommt, dass die Anzahl der Ortsgruppen seit Beginn der Renovierung von sieben auf 16 gestiegen ist. Es gibt also viel zu tun, was Kapazitäten bindet, die dementsprechend nicht in andere Aufgabe, wie etwa die Organisation von Aktionen des Zivilen Ungehorsams fließen. Solche Aktionen sind bei uns und in der Bewegung insgesamt weitaus seltener, als sie noch vor zehn Jahren waren. Es bleibt zu hoffen, dass wir die Renovierung im nächsten Jahr abgeschlossen haben, damit auf Vereinsebene wieder mehr Zeit für Aktionsplanung bleibt.
Die Ortsgruppen stecken ihre Energie in Aktionen – von Infoständen über Kampagnenarbeit bis hin zu Großdemos – vereinzelt auch in Aktionen des Zivilen Ungehorsams.

Es passiert also schon ziemlich viel bei euch intern. Für Menschen, die sich überlegen, auf die eine oder andere Weise mitzumachen, ist vielleicht interessant, wie Entscheidungsprozesse bei euch verlaufen. Und bei manchen Entscheidungen kann es ja sicherlich dauern, bei anderen muss es auch mal schnell gehen. Wie geht ihr damit um?

Die Entscheidungsprozesse laufen soweit wie möglich über Konsense, die über Verteiler, bei Telefonkonferenzen oder zweimal im Jahr auf Aktiventreffen erzielt werden. Manche Entscheidungen werden unter Beteiligung aller Interessierter getroffen, manche in Arbeitsgruppen, denen sich aber auch alle Interessierten anschließen können.
Vereinsrechtlich müssen manche Entscheidungen wie Satzungsänderungen jedoch auf einer Jahreshauptversammlung per Mehrheitsentscheid bestätigt werden. In den letzten Jahren hatten wir kaum Probleme Konsense zu erzielen. Der Zusammenhalt ist sehr gut. Im März haben wir auf unserer dreitätigen Aktivenklausur angefangen zu diskutieren, ob zu unserem Konsensprinzip das Vetorecht gehört oder nicht. Dabei ist uns aufgefallen, dass es in der aktuellen Konstellation von Vereinsaktiven noch nicht dazu kam, dass ein Veto ausgesprochen wurde. Konkret erinnere ich mir nur an eine Diskussion aus den letzten Jahren, die per Abstimmung entschieden wurden: der Antrag auf geschlechtergerechte Namensänderung. Einigkeit bestand nur darin, dass wir einen geschlechtergerechten Namen wählen würden, wenn die Vereinsgründung erst bevorstünde. Nach sehr langen Diskussionen gab es noch immer zwei Lager; für und gegen eine Namensänderung. Da die Änderung sowieso ein vereinsrechtlicher Akt gewesen wäre, also per Abstimmung hätte bestätigt werden müssen, wurde der Versuch der Konsensbildung unter beidseitiger Zustimmung abgebrochen. Bei ungeplanten Zwischenfällen und Problemen geht die Entscheidungsfindung relativ schnell, weil alle Beteiligten wissen, dass zeitnah reagiert und deshalb zielorientiert diskutiert werden muss. Der Vorstand wurde 2014 auf drei gleichberechtigte Vorsitzende erweitert. Seit dem ist es schon passiert, dass der Vorstand sich intensiv mit einem Problem befasst und anschließend eine Verhaltensempfehlung an die Aktiven gegeben hat, die in die Konsensbildung einbezogen wurde.

Das heißt, alle interessierten Mitglieder des Vereins und/oder der Ortsgruppen können so ziemlich alle Entscheidungen im Verein mitgestalten?

Tierbefreiungsmotiv - Mensch mit befreitem Huhn

Fast. Alle interessierten Aktiven, unabhängig von einer Mitgliedschaft, denen wir vertrauen und die mitarbeiten möchten, treffen die Entscheidungen auf Versammlungen, bei Telefonkonferenzen und über Mail-Verteiler. Teilweise in Arbeitsgruppen, teilweise unter Beteiligung aller Aktiven. Weit über 90 Prozent unserer Mitglieder unterstützen uns finanziell, sind aber nicht aktiv, haben also auch kein Interesse an der Gestaltung. Viele Aktive, gerade in den Ortsgruppen, sind hingegen keine Mitglieder, dürfen aber mitentscheiden. Auch wenn wir ein eingetragener Verein sind, sind unsere Strukturen eher mit Graswurzelgruppen zu vergleichen.
Aus neuen Ortsgruppen sollen mindestens zwei Personen auf einem Verein-Ortsgruppen-Verteiler sein und zu unseren Treffen kommen. Alles was Ortsgruppen betrifft, kann dadurch mitgestaltet werden. Ausgeschlossen sind sie aber erst einmal vom internen Verteiler für Aktive auf Vereinsebene und von sicherheitsrelevanten Arbeitsgruppen. Einerseits gab es Fälle, in denen uns langjährig vertraute Aktive aus Tierbefreiungsgruppen außerhalb unseres Vereins verstärkt haben, die aber Interesse an seiner Entwicklung haben. Sie wurden direkt uneingeschränkt involviert. Da wir uns andererseits natürlich keine Spitzel ins Boot holen wollen, geht das bei uns kaum bekannten Aktiven nicht so schnell. Neue Ortsgruppen etwa sind zunächst mit sich selbst beschäftigt. Ihr Interesse an der Vereinsgestaltung steigt meist mit der Zeit, wie auch unser Vertrauen in sie, so dass ich nicht wüsste, dass jemand unsere Sicherheitsmaßnamen aus Ausschluss wahrgenommen hat.

Bei Spitzeln denken wir natürlich spontan an Ralf Gross, oder auch in anderen linken Zusammenhängen Iris Plate und Mark Kennedy … Also wirklich kein unwahrscheinliches Thema. Wie schätzt ihr derzeit die Repression gegen Tierrechtsaktive und Tierbefreier*innen in Deutschland ein? Gibt es auffällige Entwicklungen?

Zwischen zwei Dingen muss unterschieden werden. Einerseits die normale Verfolgung von Straftaten wie Diebstahl, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung. Andererseits systematische Repression gegen die Bewegung, die nicht an konkrete Straftaten gebunden ist. Sehen wir von dem Spitzel-Fall Ralf Gross und einzelnen Anquatschversuchen ab, haben wir es mit Strafverfolgung zu tun. Eine Zunahme von Repression, wie wir sie aus Österreich, England und den USA kennen, wo Gesetze gegen Bandenkriminalität, Hassprediger oder Terrorismus auf Tierrechtsaktive angewendet werden, ist in Deutschland glücklicherweise nicht in systematischer Form festzustellen.

Du würdest die Spitzelüberwachung und Anquatschversuche auch nicht als Versuch sehen, die Bewegung stärker zu bekämpfen?

Das würde ich als Repression bezeichnen. Allerdings sehe ich es nicht als Zeichen systematischer, bundesweiter Repression an. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Behörden auf Bundes- und Länderebene zusammen und außerhalb der Verfolgung konkreter Straftaten gegen die Bewegung vorgehen. Nach dem Motto „Die machen gerade zu viel Stress, die versuchen wir mundtot zu machen“, wie es in Österreich war. Die von dir genannten Fälle sind also bisher Einzelfälle und meines Erachtens nach kein Ausdruck einer grundsätzlichen Agenda der Behörden.

Danke für deine Einschätzung dazu.
Im vorletzten Jahr haben wir aus unserem Überschuss ja auch eure Rechtshilfe mit 500 € unterstützt. Magst du kurz dieses Angebot vorstellen? Und braucht ihr noch mehr Geld/mehr Anwält*innen/sonstige Unterstützung dafür?

Die von uns ins Leben gerufene und verwaltete Bewegungsrechtshilfe ist eine Dienstleistung für die Tierrechts-/Tierbefreiungsbewegung und unabhängig von einer Mitgliedschaft bei die tierbefreier e.V. oder Spenden auf das Rechtshilfekonto. Wer durch Tierrechtsarbeit unter Strafverfolgung leidet, egal ob aufgrund von legalen Protesten oder anonym durchgeführten Direkten Aktionen, wie sie etwa unter dem Namen ALF durchgeführt werden, kann sich an uns wenden. Das Angebot ist vor allem für Aktive gedacht, die keinen großen Verein hinter sich stehen haben und daher auf Unterstützung aus der gesamten Bewegung angewiesen sind. Wir übernehmen in der Regel 50 Prozent der Verteidigungs-, Verfahrens- und Strafkosten. Je nach finanzieller Situation der Aktiven übernehmen wir auch mehr. Vor zwei Jahren haben wir außerdem einen Rechtshilfeverteiler mit Jurist_innen aus der Bewegung gegründet.
Dadurch können wir inzwischen kostenlose Rechtsberatung und oftmals vergünstigte Verteidigung durch Tierrechtler_innen anbieten. Die Rechtshilfe kann finanziell durch kleine, monatliche Spenden auf das treuhänderisch verwaltete Konto unterstützt werden – Aktion: 3 Euro helfen! Oder es können Soli-Events wie Partys oder Konzerte organisiert werden. Falls große Prozesse auf die Bewegung zukommen oder die Zahl der Aktionen und damit das Maß der Verfolgung steigen, kann nie genug Geld auf dem Konto sein. Aber momentan sieht es so aus, dass das Konto permanent wächst und besser gefüllt ist, als jemals zuvor. Anders als das Vereinskonto, was durch die gestiegene Vereinsaktivität langsam leerer wird. Wir rufen deshalb neuerdings dazu auf, generell die Arbeit des Vereins statt allein die Rechtshilfe zu unterstützen, wenn unsere Arbeit gut ankommt. Sehr freuen würden wir uns über weitere Verstärkung durch Jurist_innen. Sie müssen nicht zwangsläufig Strafverteidiger_innen sein. Ziel ist es, eine regional flächendeckende Vermittlung an Jurist_innen mit Tierrechtshintergrund zu ermöglichen, von der wir noch weit entfernt sind.

Wie oft wird die Rechtshilfe in Anspruch genommen? In welchen Fällen unterstützt ihr aktuell?

Wir bekommen durchschnittlich zwei Rechtshilfeanfragen pro Monat, wovon die meisten Beratungsanfragen sind. Im Zusammenhang mit Strafverfolgung von Aktiven steht geschätzt ein Fünftel der Fälle. Über laufende Verfahren können wir aus strategischen Gründen nur selten Aussagen machen.
Momentan haben wir unter anderem einen Fall, bei dem zwei Personen aus NRW vorgeworfen wird, Hochsitze zerstört zu haben. Das ist nicht das erste Mal in den letzten Jahren. Darüber hinaus haben wir es häufiger mit Vorwürfen wie Sachbeschädigung, aber auch Hausfriedensbruch, Nötigung oder Diebstahl zu tun.

Banner zum Jubiläum der tierbefreier

2015 feiern die tierbefreier 30jähriges Jubiläum, letztes Jahr feierte euer Magazin TIERBEFREIUNG das 20jährige. Aus diesem Anlass entstand der TIERBEFREIUNG Sammelband bei compassion media. Dieses Jahr machst du dazu eine Vortragsreise durch über 20 Städte. Was erwartet die Menschen, die zu deinem Vortrag kommen?

Ich werde knapp den Verein und das Magazin vorstellen und über die Hintergründe und Motivation zum Buch berichten. Im Hauptteil stelle ich die zentralen Fragen und damit verbundenen Diskussionen vor, mit denen sich die Beiträge beschäftigen. Es handelt sich also nicht um eine Lesung. Mir ist wichtig Vorträge locker, teilweise auch humorvoll, zu gestalten – sogar bei trockeneren Themen. Mal schauen, wie sich das konkret bei einer Buchvorstellung realisieren lässt. Nach diesem etwa einstündigen Teil geht es in die Frage- und Diskussionsrunde. Je nach Interesse des Publikums können zusammen einzelne Diskussion fortgeführt werden.

Wir sind sehr gespannt auf die Tour und freuen uns auf den Termin und die Diskussionen in Münster.
Andre, vielen lieben Dank für das Interview!

Und nicht vergessen: TIERBEFREIUNG kaufen, bis zum 30. April beim Shirt-Kauf sparen und gleichzeitig die tierbefreier unterstützen! Oder alternativ: direkt spenden!