Interview und Spendenaktion: Land der Tiere

Unser Aktionsbanner zur Spendenaktion an das Land der Tiere bis zum 27. Dezember 2015

Seit Oktober 2014 ist es endlich soweit: Tanja Günther und Jürgen Foß haben zusammen das Land der Tiere, einen Lebenshof (und mehr) in Mecklenburg-Vorpommern, als Projekt der Stiftung Tiernothilfe gegründet. Wir wollen das Jahr abschließen, indem wir euch dieses Projekt vorstellen – natürlich wieder vor allem dadurch, dass Tanja und Jürgen zu Wort kommen. Außerdem könnt ihr diese Woche wieder 5 % bei eurer Bestellung sparen und dabei außerdem noch mitverantwortlich dafür sein, wieviel wir an das Land der Tiere spenden – denn wir spenden 5 % eures Bestellwertes.

So, nun wird es aber Zeit, dass ihr ein bisschen mehr über das Land der Tiere erfahrt!

Land der Tiere – das klingt nach einem utopischen Ort, wo keine Grenzen zwischen den Spezies gezogen werden und alle Tiere frei leben können. Soviel sei vorweggenommen: Das ist es nicht. Aber was ist das Land der Tiere?

Zeus, der gutmütige Land-der-Tiere-Hund, liegt entspannt rum, währen im Hintergrund ein Schaf die Wiese kürzt
Zeus bringt nichts aus der Ruhe. Foto: Land der Tiere

Viele Menschen werden das Land der Tiere als Gnadenhof für landwirtschaftliche Tiere bezeichnen, Tierrechtler würden es veganen Lebenshof nennen. Es ist aber viel mehr und hat einen ganz anderen Ansatz: Im Land der Tiere leben zwar, wie auf einem Lebenshof, viele ehemals genutzte Tiere in maximal möglicher Selbstbestimmtheit. Das Land der Tiere versteht sich aber hauptsächlich als ein Projekt, welches die Öffentlichkeit sucht und den Tierrechts- und Tierbefreiungsgedanken verbreiten möchte. Daher wird es ab 2016 Öffnungszeiten geben, betreute Führungen zu den Tieren mit anschließendem Vortrag zur Theorie der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung, Seminare, vegane Kochkurse für die breite Öffentlichkeit und vieles mehr. Wir suchen die Öffentlichkeit und möchten das Land der Tiere tatsächlich als ein Modell für ein anderes Miteinander in die Welt tragen. Viele Jahre schon decken wir die unerträglichen Zustände in der Tierausbeutungsindustrie mit Undercover-Recherchen auf und sensibilisieren damit die Menschen. Nun ist es an der Zeit den Menschen vermehrt zu vermitteln, dass jedes Tier eine eigene Persönlichkeit hat, Schmerz, Freude, Leid empfindet und am Wichtigsten hängt was es hat: an seinem Leben! Allein aus diesem Grunde, auch wenn es zuvor ein vermeintlich „glückliches“ Leben hatte, ist das Leben der Tiere genauso unantastbar wie unser eigenes! Um das zu vermitteln haben wir das „Land der Tiere“ ins Leben gerufen und bauen das Projekt seit Ende 2014 auf.

Seitdem baut ihr dieses Projekt auf – aber eigentlich seid ihr ja schon viel länger an der Planung. Wie lange habt ihr nach einem passenden Ort gesucht und welche Schwierigkeiten gab es für euch auf dem Weg dorthin zu bewältigen?

Wir haben tatsächlich einige Jahre gesucht, um den passenden Ort zu finden. Natürlich hätte es Objekte gegeben, die gepasst hätten – die hätten wir aber dann nicht bezahlen können. Es kam für uns weder in Frage, etwas zu pachten, noch Kredite aufzunehmen, weil wir derartige Unsicherheiten, die schnell in die Obdachlosigkeit von vielen Tieren hätte münden können, für die wir die Verantwortung haben, nie eingegangen wären.
Meist hat irgendetwas nicht gepasst: Passten die Gebäude, war das Grundstück zu klein oder die Nachbarschaft zu nah – passte das Grundstück, war der Sanierungsaufwand der Gebäude zu hoch, und so weiter. Was auch überhaupt nicht in Frage kam, war eine Mastanlage oder ein ähnlich grausamer Ort nebenan. Und allein mit diesem Ausschlusskriterium fallen heute fast alle Landimmobilien aus. Wir haben uns ziemlich viele „lost places“ angeschaut: Von der Ex-Versuchstierzucht von Harlan über ehemalige Arbeitslager bis zur stadtgroßen Klinik. Zum Teil wirklich krasse Orte, die darauf warteten, das dort in der Zukunft eine bessere Geschichte geschrieben wird.
Wir hatten zwischenzeitlich – bevor wir das Gelände in Banzin gekauft haben – zwei Objekte „kaufvertragsreif“, waren dafür schon mit Bauvoranfragen unterwegs um zu klären, ob unser Projekt überhaupt dort rein bau- und planungstechnisch genehmigt werden würde. Eins „erledigte sich“, als das Land NRW das Militär-Gelände plötzlich für den Bau einer Forensik behalten wollte, ein anderes, ein ehemaliges Schulungszentrum, nachdem wir die neuesten Hochwasserkarten gesichtet hatten.

Schafe grasen vor und auf einem Bunker auf dem Land der Tiere
So friedlich kann es zugehen … Foto: Land der Tiere

Mit dem nun gefundenen Gelände habt ihr einen schönen, aber ebenfalls ein bisschen bizarren Ort für dieses Projekt gefunden. Was hat euch an dem ehemaligen NVA-Gelände inmitten des Nirgendwos gereizt?

Es gab natürlich vor allem rein praktische Gründe, dass unsere Wahl auf die ehemalige NVA-Funkstation „im Nirgendwo“ gefallen ist: Wir suchten ein Gelände ohne Nachbarn, ohne Straße daneben, ohne Mastanlage nebenan. Noch dazu liegt das gefundene Nirgendwo nicht am Ende der Welt, sondern in der Metropolregion Hamburg, also in erreichbarer Nähe vieler Menschen.
Allein der Anspruch, keine Mastanlage oder ähnliches nebenan haben zu wollen, ist bei der Landimmobiliensuche heute kaum noch zu verwirklichen. Dazu noch unser Flächenanspruch über 10 Hektar bei explodierenden Bodenpreisen, unsere alles andere als „fette“ Kassenlage und die Bedingung, dass Gebäude vorhanden sein müssen, die mehreren Menschen Wohnraum bieten, Spielraum für Seminargebäude und weitere Unterkünfte, und Gebäude, in denen Tiere wohnen können und direkten Zugang zu einem Gelände haben, welches nicht nur „platte Wiese“, sondern abwechslungsreiche Landschaft ist – eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, so einen Ort zu finden. Als wir letzten Sommer das erste Mal hier waren, war uns klar: „Das ist es“. Wegen des traumhaft schönen Geländes und dem vielen Nichts drum herum.

Die Verwandlung des Bunkers

Ein Fuchs klettert auf den Bunkerruinen im Land der Tiere rum.
Da turnt der Fuchs rum … Foto: Land der Tiere

Aus all diesen Gründen war es recht wahrscheinlich, dass es ein ehemaliges Militärobjekt werden würde. Wir haben mittlerweile viel Zuspruch bekommen von Menschen, die zu NVA-Zeiten hier arbeiten mussten – Menschen, die an diese Zeit keine schönen Erinnerungen hegen und Drill, Schikane und Unfreiheit erlebten. Manche stehen hier nun mit Freudentränen in den Augen, wenn die Schafe aus dem ehemaligen „Gefechtsstand“, also der Funkzentrale, kommen und sagen uns, dass sie froh sind, nun auf etwas so friedliches zu treffen und Humanität und Achtung vor dem Leben im Vordergrund stehen zu sehen, was diesen Ort für sie „in gewisser Weise heilen“ würde. Um ähnliche Gefühle kommen wir auch nicht umhin – und es hat auch etwas wirklich Beruhigendes und extrem Schönes, dass nun Füchse auf den Ruinen herumturnen, wo Honecker von der Wand blättert und Bäume aus Bunkern wachsen.

Wenn ihr, wie ihr gerade sagtet, Führungen, Seminare, Kochkurse und Co anbieten wollt, müsst ihr ja noch das eine oder andere anpacken. Was habt ihr für 2016 vor, und wie wollt ihr das Projekt entwickeln? Und wann ist der Punkt, dass ihr das nicht mehr alleine schafft?

So könnt ihr mit anpacken

Es war nie unser Plan, das alles alleine zu schaffen, daher haben wir von Anfang an Wert darauf gelegt, viele tolle Menschen mit einzubeziehen, die einen Teil dieser Arbeit übernehmen. Wir begreifen uns hier eigentlich als „Vorhut“, die den Anfang gemacht und den Grundstein gelegt hat für alles, was noch sein soll und wird. Langfristig werden nicht nur mehr Menschen mit hier leben und arbeiten, sondern Teilbereiche von anderen Menschen übernommen werden, die uns nahe stehen. Kochkurse und Seminare und andere Veranstaltungen müssen wir nicht selbst machen. So starten im nächsten Jahr die ersten Termine, die eine vegan lebende junge Biologin und Naturpädagogin macht, während wir die Führungen in den Öffnungszeiten übernehmen. Geplant sind zudem für die Unterstützung bei den täglichen Arbeiten zwei Bundesfreiwilligendienst-Stellen, wovon eine halbe Stelle bereits fest belegt und die zweite wahrscheinlich vergeben ist. Das bringt uns dann wieder mehr Zeit für weitere Planungen und Baustellen. Daneben müssen wir natürlich zusehen, dass etwas auf das Stiftungskonto kommt und mehr Menschen das Projekt unterstützen, damit es vorwärts gehen kann. Fest für 2016 steht natürlich auch, dass weitere Tiere einziehen werden, wofür noch einiges gebaut werden muss.

Welche Tierarten kommen für euch denn künftig infrage?

Wir werden hauptsächlich Tiere solcher Arten aufnehmen, die den meisten Menschen nur als „Nutztiere“ bekannt sind. Und natürlich auch in gewissem Umfang „Haustiere“ wie Kaninchen und Hunde. Keine Pferde, aber wir schließen natürlich nicht aus, dass auch mal ein altes Zirkuspony einzieht, sofern wir dafür Kapazitäten haben. Tiere, die nicht vegan ernährt werden können, finden bei uns keinen Platz.

Mupfis erster Tag im Land der Tiere

Da wir hier nicht die oft praktizierte Tierhaltung getrennt nach Arten in kleinstrukturierten Gehegen anstreben, sondern die Tiere, die harmonisch zusammen leben können, auch zusammen in größtmöglicher Freiheit leben lassen wollen, müssen wir bei der Aufnahme von Tieren schon ziemlich gut abwägen, wen wir aufnehmen können und wen nicht. Wenn wir einen streitlustigen Ziegenbock mit Hörnern aufnehmen und ihn zu den Schafen gesellen würden, wäre das für die Schafe eine ziemliche Belastung – so eine Kombination fällt also einfach aus, was uns natürlich bei der Tieraufnahme einschränkt, aber zugunsten der bereits hier lebenden Tiere geschieht. Ebenso können wir nicht einfach einen Hund retten, weil er uns so besonders leid tut, sondern müssen sicherstellen, dass die Rettung des einen nicht zu Lasten anderer geht. Die Hunde leben bei uns friedlich zusammen mit anderen Tieren, Kaninchen, Schildkröten, Katzen, Schafen, Hühnern und Puten – und das funktioniert eben lange nicht bei jedem Hund.

Und wo kommen die Tiere her, die bislang bei euch leben?

Die Rettung der Puten

Die Geschichten der Tiere sind ganz unterschiedlich: Manche wurden einfach „herrenlos“ gefunden, also wahrscheinlich ausgesetzt. Einer sogar direkt vor unserer Haustüre, nämlich Klaus, der Land der Tiere-Kater. Andere wurden von den Menschen, die sie mal irgendwann angeschafft hatten, abgegeben, weil kein Interesse mehr an ihnen bestand oder sie die Tiere aus verschiedenen Gründen nicht mehr versorgen könnten. Viele wurden davor bewahrt, geschlachtet zu werden. Auch aus Mastanlagen befreite Tiere wie die Puten haben hier ihre Heimat gefunden. In Zukunft werden sicher auch einige Tiere einziehen, die vom Veterinäramt sichergestellt werden konnten. Und natürlich helfen wir auch gerne Tierschutzvereinen und Tierheimen, die keine Möglichkeit haben, ein Schaf oder 20 gerettete „Schlachtkaninchen“ unterzubringen.

All die Tiere kommen mit ihrer eigenen Geschichte, oft sicherlich mit einer sehr traurigen. Gibt es eine Geschichte zu den Tieren bei euch, die euch besonders berührt hat?

Eine neue Chance für Vrieda

Besonders? Eigentlich nicht, weil sie alle berühren. Gut, manche natürlich mehr, zum Beispiel Vriedas Geschichte, weil sie unmittelbar vor ihrem sicheren Tod bewahrt werden konnte, als sie schwer verletzt und seit Tagen festgeklemmt im Stall von Aktivisten gefunden wurde, die in der „Masthühner-Elterntierhaltung“ recherchierten, wo Vrieda lebte. Wären diese Menschen nicht zufällig da gewesen und hätten sie mitgenommen, wäre sie elend gestorben. Wie Millionen anderer Vriedas da draußen in den Zucht- und Mastanlagen, deren Tod im System der Tierausbeutung einfach mit einkalkuliert ist und von kaum jemandem wahrgenommen wird. Vielleicht kann Vriedas Geschichte daran ein bisschen was ändern.

Das bringt uns wieder ein bisschen zur Ausgangsfrage zurück. Ihr wollt mit dem Land der Tiere den Tierrechtsgedanken verbreiten und das System der Tierausbeutung auf diese Weise mitbekämpfen. Was ist eure Utopie, euer Traum, wohin das alles für die Gemeinschaft aus menschlichen und nichtmenschlichen Tieren führen soll?

Kater Klaus und Schaf schauen sich in die Augen
Wer bist du denn? Foto: Land der Tiere

Unsere Utopie? Wenn wir ein bisschen dazu beitragen können, dass die menschlichen Tiere – deren Verstand ja bisweilen als hoch entwickelt bezeichnet wird – einen respektvollen Umgang mit dem Leben um sie herum pflegen, kommen wir der Sache näher. Vielleicht können wir Raum dafür schaffen, dass mehr Menschen sich bemühen, mit ihrem eigenen Leben möglichst wenig Schaden an anderem Leben zu verursachen und es als Gewinn verstehen, die eigene Freiheit so zu leben, dass die Freiheit anderer dadurch nicht beschädigt wird.

Tanja und Jürgen, vielen lieben Dank! Zum Schluss natürlich noch die Frage, die allen, die dies lesen, sicherlich besonders unter den Nägeln brennt: Was wünscht ihr euch an Unterstützung, wie können sich Menschen aktuell und konkret bei euch einbringen?

Das Land der Tiere kann jede Unterstützung brauchen: Menschen, die sich aktiv einbringen und ihre Arbeitskraft spenden, sei es bei der Tierversorgung, Baumaßnahmen, Arbeiten am Gelände, Büro- oder sonstiger Arbeit. Und natürlich wird auch finanzielle Unterstützung benötigt, um die Existenz dauerhaft zu sichern und das Land der Tiere weiter auszubauen. Nur dann können weitere Unterkünfte entstehen, die mehr Tieren eine neue, sichere Heimat bieten und die Strukturen so ausgebaut werden, dass möglichst viele Menschen gerne den Weg ins Land der Tiere finden – und sich von dort „gedanklich etwas mitnehmen“ können: Nämlich dass ein friedliches Miteinander möglich ist und tatsächlich alle davon profitieren.

Schildkröte frisst Löwenzahn
Auch ich lebe im Land der Tiere! Foto: ARIWA

Wir hoffen, ihr habt einen guten Einblick in das Projekt Land der Tiere gewinnen können, und habt Lust bekommen, es auf die eine oder andere Weise zu unterstützen. Durch Mit-Anpacken, spenden, Werbung dafür machen – und diese Woche auch durch eine Bestellung bei uns – denn wir spenden 5 % eures Bestellwertes an das Land der Tiere.

Wenn ihr es bis hierhin geschafft habt – das könnte euch vielleicht auch interessieren:

  • We Animals – Bildband mit Fotografien von Tierrechtsfotografin Jo-Anne McArthur
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  • Maximum Tolerated Dose – Einblicke in das Leben von Menschen und nichtmenschlichen Tieren, die an Tierversuchen beteiligt waren
  • Cowspiracy – eine Doku über die ökologischen Folgen der Tierausbeutung
  • Warum wir Hunde lieben, Schweine essen … – ein Buch von Melanie Joy über die sozialen und psychologischen Mechanismen, die dazu führen, dass wir bestimmte Lebewesen als Lebensmittel betrachten
  • Zoopolis – Wie kommen wir zu einer Gesellschaft, in der die politischen Rechte nichtmenschlicher Tiere mitberücksichtigt werden?
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