Auf dem Erdlingshof leben Rinder, Gänse, Hirsche, Hühner, Hunde, Kaninchen, Pferde, Schafe, Schweine und Ziegen einem gemütlichen Lebensabend entgegen – ganz ohne Ausbeutung. Im folgenden Interview erfahrt ihr von Birgit und Johannes ein bisschen mehr über den Hof und die Idee dahinter.
Um den Hof zu unterstützen, spenden wir bis zum 15.09. für jedes Buch aus unserem Verlag compassion media, das ihr über unseren Shop kauft, 1 € an den Erdlingshof.
Erdlingshof – wie kam es zu dem Namen, welche Bedeutung hat er für euch?
Bei der Suche nach einem Namen für den Hof war es uns nicht nur wichtig, dass er schön klingt, sondern eine tiefere Bedeutung in sich birgt. So kamen wir auf den Namen Erdlingshof, ein Ort für alle Erdlinge (Erdenbewohner).
Seit wann gibt es den Lebenshof und wie kam es dazu?
Den Erdlingshof gibt es seit 2014. Die ehem. Betreiber des Antitierbenutzungshofes wollten den Hof abgeben und suchten Nachfolger. So wurde schließlich auch Johannes, der damals noch bei der Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt arbeitet, gefragt.
Was nahe lag, weil du den Hof ja auch schon mit Daniel aufgebaut hattest, oder?
Daniel und ich haben schon von Kindesbeinen an gemeinsam Tiere gerettet und versorgt, damals hatten wir für unseren privaten Hof allerdings keinen Namen. Mit den Tieren sind wir dann von Baden-Württemberg nach Bayern umgezogen. Der eigentliche Verein Antitierbenutzungshof wurde erst nach meinem Wegzug von Daniel und Iris gegründet.
Vorher war der Hof als “Antitierbenutzungshof” bekannt. Was hat sich seitdem geändert?
Baulich hat sich auf dem Hof für die Tiere sehr viel verändert. So haben die Schweine z. B. jetzt ein Außengehege, das mehr als dreimal so groß ist wie das alte Gehege. Sie haben Bäume, Sträucher und große Steine zum Schubbern und mehrere Suhlen zum Baden.
Auch wurde die baufällige Scheune endlich auf Vordermann gebracht, so dass wir in diesem Jahr über 100 große Heuballen darin trocken lagern können.
Der Erdlingshof ist ein eigenständiger Verein, der vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt wurde.
Mit ein Schwerpunkt des Erdlingshofes ist es, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Dazu gehört u. a. Pressearbeit, Infoveranstaltungen und auch unsere regelmäßigen Führungen auf dem Hof, die auch bei Schulklassen sehr gut ankommen.
Ein wesentlicher Unterschied ist ja in meiner Wahrnehmung auch, dass der Antitierbenutzungshof auch andere politische Inhalte neben Tierrechten stark in den Vordergrund rückte. Sind politische Äußerungen – außer zu Veganismus und Tierrechten – für euch tabu?
Nein, ganz im Gegenteil. Die Aufgabe vom Erdlingshof ist es, sich für alle Erdlinge stark zu machen. Durch den Hof liegt der Schwerpunkt natürlich dennoch verstärkt bei den nichtmenschlichen Tieren.
Welche Themen liegen euch denn noch am Herzen?
Für uns gehören Menschen- und Tierrechte und Umweltschutz untrennbar zusammen. Wir lehnen jede Form von Diskriminierung ab. Im Moment liegt uns besonders das Leben der Geflüchteten am Herzen. Bei unserer Öffentlichkeitsarbeit haben wir uns dennoch auf das Thema Tierrechte spezialisiert, um hier möglichst viel bewirken zu können. Das heißt jedoch für uns nicht, dass andere Themen weniger wichtig sind!
Woher kommen die Tiere, die bei euch leben?
Unsere Bewohner kommen auf ganz unterschiedlichen Wegen zu uns. Z. B. wurden die Pferde Mia und Dino mit Hilfe der Polizei und des Veterinäramtes beschlagnahmt, die beiden Wildschweinkinder Ronja und Hannibal kamen als Findelkinder zu uns. Aber auch kommen Tiere aus Befreiungs-/Rettungsaktionen zu uns, wie z. B. die Hühner oder die ehemaligen Laborkaninchen.
Ihr bekommt sicherlich jede Menge Anfragen, ob ihr Tiere aufnehmen könnt – wonach entscheidet ihr, welche Tiere bei euch ein Zuhause finden?
Ja das stimmt. Wir bekommen fast täglich Anfragen und es ist auch für uns immer sehr schwierig das zu entscheiden und noch schwieriger den meisten Tieren absagen zu müssen.
Es gibt mehrere Aspekte, die passen müssen, um einen neuen Erdling aufnehmen zu können. Zum einen müssen wir unsere eigenen Kapazitäten prüfen: Haben wir die Zeit, den Platz und natürlich auch das nötige Geld, um weitere Erdlinge aufnehmen zu können? Zum anderen möchten wir keinen Freikauf unterstützen, mit dem die Tierausbeutungsbetriebe wiederum unterstützt werden würden (genauso wie wir keinen Hund von einem Züchter freikaufen würden)
Gibt es eine Geschichte zu den Tieren, die euch besonders berührt hat?
Nahe gehen uns fast alle Schicksale. In diesem Jahr hat uns besonders die Geschichte von Maja und ihrem Sohn Linus berührt. Wochenlang ging ein Hilferuf durchs Netz mit dem Aufruf, für Linus ein neues Zuhause zu finden.
Maja sollte zum Schlachter, da die über 30-jährige Pferdeseniorin immer mehr abmagerte. Der noch jüngere Linus sollte bei der Gelegenheit gleich mit zum Schlachter gebracht werden. Da man für Maja keine Vermittlungschance sah, sollte wenigstens Linus gerettet werden, da er noch reitbar war. Aber es fand sich nach längerer Suche niemand, der Linus oder sogar Linus und seine Mutter aufnehmen würde. Wir entschieden uns schließlich, beiden auf dem Erdlingshof ein neues Leben zu ermöglichen.
Nachdem Maja von einer Pferdezahnärztin untersucht und behandelt wurde, hat sich ihr Körper sichtlich erholt. Da ihre Zähne aufgrund des hohen Alters teilweise abgenutzt, aber auch in schlechtem Zustand waren, konnte sie nicht mehr richtig essen und bekommt jetzt von uns Zusatznahrung.
Wie kommt ihr denn eigentlich mit der Nachbarschaft aus? Wie reagieren die auf die Idee eines Lebenshofs?
Wir haben eine sehr gute Nachbarschaft und werden auch von ihnen gut unterstützt. Z. B. bekommen wir jede Woche übrig gebliebenes Obst und Gemüse vom Markt für unsere Tiere geschenkt, das Nachbarinnen für uns abholen und uns bringen.
Gibt es keine Skepsis oder Ablehnung?
Zum Glück haben wir bisher noch keine Ablehnung erfahren. Allerdings können wir nur von unserem nahen Nachbarschaftsumfeld sprechen, da wir darüber hinaus aus zeitlichen Gründen keinen Kontakt zu Nachbarn haben.
So ein Hof ist eine Menge Arbeit. Was sind eure nächsten größeren Vorhaben? Und wie kann mensch euch dabei unterstützen?
Nachdem wir die letzten zwei Jahre dazu genutzt haben, die Tiergehege und –unterkünfte umzubauen und zu renovieren, möchten wir jetzt im Haus weitermachen. Es fehlt z. B. noch eine richtige Heizung, die letzten zwei Winter haben wir uns provisorisch beholfen. In unserem ersten Winter auf dem Hof sind uns z. B. zweimal die Wasserleitungen im Haus eingefroren, denn im Bayerischen Wald ist der Winter sehr hart und lang.
Für die Zukunft wollen wir noch ein Seminar- und Besucherzentrum errichten, ebenso soll auf dem Grundstück ein Infoweg zum Thema Tierrechte und Veganismus entstehen.
Unterstützen können Menschen uns zum einen finanziell, z. B. durch eine Patenschaft oder auch durch praktische Mithilfe an Helfertagen/Bauwochenenden. Auch freuen wir uns, wenn unsere Postkarten verteilt werden, um den Hof und seine Ziele bekannter zu machen.
Birgit und Johannes, vielen Dank für das kleine Interview!
Außerdem helfen könnt ihr mit Sachspenden, Einzelspenden, Privatkrediten und durch praktische Mithilfe – ob auf Helferwochenenden oder als Bufdi.
Vielleicht ist hier ja noch etwas Interessantes für euch bei?
- We Animals – Bildband mit Fotografien von Tierrechtsfotografin Jo-Anne McArthur
- The Ghosts in our Machine – Liz Marshall begleitete für diesen bewegenden Film Jo-Anne McArthur während ihrer Recherchen
- Rosa-Mariechen – Einblicke in das Leben des Schweins Rosa-Mariechen auf Hof Butenland – von super-niedlich und klein bis heute
- Cowspiracy – eine Doku über die ökologischen Folgen der Tierausbeutung
- Warum wir Hunde lieben, Schweine essen … – ein Buch von Melanie Joy über die sozialen und psychologischen Mechanismen, die dazu führen, dass wir bestimmte Lebewesen als Lebensmittel betrachten
- Das Handeln der Tiere – ein Buch über Handlungs- und Wirkmacht von nichtmenschlichen Tieren